Wie man einen Witz erzählt

Stuttgart Schauspiel NORD: Brüder Presnjakow «Salmans Kopf»

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Wenn dem berühmten Schriftsteller Salman nichts mehr einfällt und sich auch aus dem Ruhm seines Skandalbuches kein Kapital mehr schlagen lässt, die Familie aber dringend Geld braucht, was dann? Dann wird Salmans Kopf versteigert, denn immerhin hat dafür schon mal jemand eine Million geboten. Eine schön schräge Grundidee, auf der die Brüder Presnjakow sich zum Glück nicht einfach ausgeruht, sondern ein konsequent absurdes Stück aufgebaut haben.

So wird gleich zu Beginn ein groteskes Durch­einander aufgeboten: prollige Polizisten, Liza Minelli und eine vorweihnachtliche Geburt auf einem wegen Terrorgefahr kontrollierten und wegen Vulkanausbruch lahmgelegten Flughafen. So emphatisch all das in Catja Baumanns Uraufführung vom energieberstenden Ensemble vorgespielt wird, so schnell wird es abgewunken: «Stop! Das reicht! Grauenhaft!», ruft nach fünf Minuten ein Herr aus den hinteren Reihen – und das ganze Bohei erweist sich als vergeblicher Versuch von Salmans Familie, den mürrischen Meister durch möglichst extreme Plot-Ideen zu inspirieren.

Die angemessen aufgedrehte Inszenierung zeigt darauf eine gute Stunde lang, dass (und wie) Boulevard auch heute noch vital sein kann: In der Kulisse ...

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Theater heute Dezember 2012
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Andreas Jüttner

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