Wenn’s nur der Aluhut wäre
Bis eben war alles nachvollziehbar: Existenzangst, Angst vor Einsamkeit, vor Altersarmut, vor dem Bankrott im Lockdown, vor Heidi Klum, vor dem Tod – man kennt die Sorgen, die das schwarz gekleidete Ensemble, am hinteren Bühnenrand aufgereiht, aus Interviews mit Bonner Bürger:innen zitiert. Plötzlich ein Satz: «Was haben wir für eine Scheißangst», raunt jemand aus dem «besorgten» Chor.
In Wort und Tonfall ist Ken Jebsen zu erkennen, ehemaliger rbb-Journalist, Verschwörungsgläubiger der ersten Stunde und leider ein begnadeter Menschenfänger mit Hang zu strukturell antisemitischen Welterklärungen. Das Zitat stammt aus einem KenFM-Video aus dem Frühjahr 2020. Darin hetzt Jebsen, geschminkt als Joker, wie einst sein Vorbild, der rechte amerikanische Prediger Alex Jones, gegen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung.
Jetzt ist klar, wohin die Reise geht in der Uraufführung von «Angst»: Die Autoren Lothar Kittstein, Ulf Schmidt und Regisseur Volker Lösch knöpfen sich die Querdenker-Szene vor, insbesondere deren offene Flanke zum Rechtsextremismus. Auf der Suche nach den Mechanismen und Motiven, derer sich die Bewegung bedient, entdecken sie Parallelen zur Hexenverfolgung, die im 17. ...
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Theater heute März 2022
Rubrik: Chronik, Seite 47
von Cornelia Fiedler
Auch das 59. Theatertreffen übertrifft die Frauenquote deutlich. An Regisseurinnen sind diesmal dabei: Ewelina Marciniak mit ihrer Mannheimer «Jungfrau von Orleans», Pinar Karabuluts Münchner Uraufführung von Sivan Ben Yishais «Like Lovers Do (Memoiren der Medusa)», Yael Ronen mit dem identitätspolitischen Musical «Slippery Slope» am Berliner Gorki Theater, Signa...
Werner Tübke hat mit seinem gigantischen Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen eines der größten bleibenden Werke des sozialistischen Realismus geschaffen: bedeutungsschwer, allegorisch und mit einem starken Müntzer, der das Volk anführte. Ganz in der Nähe, in Bischofferode, stand einst das VEB Kali-Kombinat «Thomas Müntzer», welches 1993 von BASF – dem...
Dies ist ein Stück über Klimakrise und Energiewende, und mittendrin meldet sich die Autorin persönlich zu Wort. Sie fragt sich nämlich, wie viel Energie sie selbst beim Schreiben des Stücks eigentlich schon verbraucht hat. Eine einzige Internet-Suchanfrage, findet sie heraus, schlägt sich mit 0,0003 kWh zu Buche, was einem CO2-Ausstoß von 0,2 Gramm entspricht. «Ist...