Weit weg von Russland?

Überidentifikation ist die subversive Strategie, mit der in Ungarn Künstler und Intellektuelle das Regime auf die Schippe nehmen

Nachdem vor kurzem die wichtigste liberale Zeitung «Nép­szabadság» eingestellt wurde und nach dem regimeaffinen Eigentümerwechsel bei mehreren Radio- und Fernsehsendern, gerät die Pressefreiheit – so auch dem Freedom House Report zufolge – in Ungarn in immer größere Gefahr. In den letzten Freiräumen, auf YouTube, Facebook und auf der Straße bei Demonstrationen werden radikale kritische Stimmen laut.

Die politische Kritik nahm Fahrt auf, nachdem es in Budapest gelungen war, ausreichend viele Stimmen für ein Referendum zu den Olympischen Spielen zu mobilisieren und die Regierung unter Druck zu setzen (organisiert von einer Bewegung, die sich jetzt als Partei formiert, Momentum). Premierminister Orban zog daraufhin die Olympia-Bewerbung zurück. Ein neues Hochschulgesetz, das mit dem Ziel erlassen wurde, die von George Soros gegründete Central Europe University zu schließen, was dem Gesetz den Namen Lex CEU einbrachte, sowie (in Anlehnung an die russische Gesetzgebung) die neuen Regeln zur Kontrolle von NGOs führten zu einer erneuten Welle von Demonstrationen und Protesten. Gleichzeitig initiierte die Regierung eine Kampagne namens «nationale Konsultationen» und manipulative ...

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Theater heute Juli 2017
Rubrik: International, Seite 10
von Andrea Tompa

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