Was man in Deutschland denkt, fühlt und ist
Nach stundenlangem Kampf neigt sich die Bunkerdecke ein letztes Mal. Die Blechgeschirre mit der Henkersmahlzeit scheppern zu Boden, Leichen rutschen malerisch über die Schräge, dumpfes Wummern liegt in der Luft. Nur zwei Recken können noch aufrecht stehen: Gunther und sein braver Hagen, der ihm noch im Untergang den Rücken zur Sitzgelegenheit krümmt. Treu bis in den Tod. Dann kommt es, wie es kommen muss: Schwertgeschlitzt sinken auch die letzten Krieger hin.
Eisernes Pathos regiert das Finale von Andreas Kriegenburgs Münchner «Nibelungen».
Der suggestive Pomp um unverbrüchliche Mannesehre im Auge des sicheren Untergangs kennt kein Entweichen und dürfte noch den härtesten Wehrmachts-Rentnern eine Träne aus den greisen Augenwinkeln locken. Auch die Wirkung auf sentimentalere Gemüter ist beschreiblich. Man muss es in den Kammerspielen gesehen haben, im geschmackvollsten Jugendstil-Wohnzimmer der Bühnenrepublik, wie es so manchen theaterbegeisterten Mittvierziger, die gut verdauten Weißbiere an den Hüften, von den Sitzen hochreißt zum stehenden Applaus. Und noch beim Berliner Theatertreffen-Gastspiel in der ideologiezertrümmernden Volksbühne donnerte der Zuspruch recht beachtlich.
Da ...
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Wenn man genau hinsah, konnte man die zukünftige Hauptfigur von Guy Krnetas neuem Stück bereits auf einer Bühne erkennen. Im Maßstab 1:87 stand sie da im Foyer des Theaters Basel, inmitten einer Modelleisenbahnlandschaft, inmitten eines Abends eines anderen Theatermachers, inmitten von Stefan Kaegis Stück «Mnemopark», das in einem Modellversuch die Konstruktion des...
Draußen vor der Tür versteigert der fast schon gewesene Intendant die Resterampe: Rutschen, Pappmachéwolken, -panzer, -brote, rote Pfeile mit Glühbirnchen, Zebrapuffs von Pollesch. Drinnen weint seine Protagonistin. Aber erst kassiert sie: 1 Euro pro Zuschauer, der dafür 60 Sekunden lang Wiebke Puls und das große Haus des Deutschen Schauspielhauses Hamburg ganz für...
Der Wärmetod, dem nicht nur laut Lukas Bärfuss unser Universum unvermeidlich entgegensteuert, erscheint an diesem Zürcher Sommertag geradezu greifbar. Das Thermometer zeigt satte 38°C an, kein Lüftchen weht, und selbst im schattigen Hof des Schweizer Landesmuseums steht den Servicekräften, die gemächlich eine Armada von Champagnergläsern nachpolieren, der Schweiß...