Warteraum der Verlorenen
Das Rauschen des Meeres. Rhythmisch schwanken die verlorenen Menschen hin und her, während die Musiker den Takt vorgeben. Eine Frau in Weiß (Claudia Iglesias Ungo) taucht auf der Kante des verrotteten Schwimmbadbunkers auf, zieht geisterhaft ihre Kreise, während zwei Immigranten (Robin Sondermann und Alexander Swoboda) ihr zusehen, aber aus Angst vor Entdeckung der Selbstmörderin nicht helfen. Es sind Schwarzafrikaner, so viel verrät der Text, aber auf der Bühne sehen wir zwei Weiße, in schlichter Kleidung, untere Mittelschicht vielleicht.
Dea Lohers Text ist ein versponnenes Gewebe verschiedener Einzelschicksale, die gemeinsam ein düsteres Weltbild ergeben, eine Verhandlung von persönlicher Schuld und Unschuld am Rande unserer Gesellschaft. Dieser Bühnenraum ist eine Mischung aus Warteraum mit Metallstühlen und Müll in den Ecken, einem Bunker mit Kontrollraum, von dem aus vielleicht in Lampedusa die Festung Europa bewacht wird, und einem längst leergelaufenen Swimmingpool mit Leiter und einem riesigen Loch als Abfluss in der Mitte (Bühne: Rimma Starodubzeva).
Wie in diesem Loch im Bühnenboden eine Familie wohnt, ihre Matratze hin- und herschiebt, die Mutter (Gabriele Möller-Lukasz) ...
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Theater heute Dezember 2013
Rubrik: Chronik Bremen, Seite 55
von Alexander Kohlmann
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