Von falschen Hoffnungen befreit
Wenn in der Antike das Orakel von Delphi befragte wurde, schob die Priesterin Pythia nach einer Reihe von rituellen Waschungen und Tieropfern einen dreifüßigen Schemel vor eine Erdspalte im Apollontempel. Denn Delphi, so hieß es, befand sich am Mittelpunkt der Welt, bis heute symbolisiert durch den Schmuckstein Omphalos. Über aus der Erde entweichenden Gasen geriet die Pythia in eine Art Trance, die ihre Weissagungen kryptisch erscheinen ließen und erst mit einiger Anstrengung interpretiert und gedeutet werden mussten.
Dass die Weisheit der Pythia kein Unglück verhindern konnte, zeigt Ödipus’ tragisches Schicksal.
Kaum anders verhält es sich mit den Vorhersagen der Meeresbiologin und Erdsystemforscherin Antje Boetius. Zwar drückt sich die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung glasklar und unmissverständlich aus, wenn sie vor dem fortgesetzten Eingreifen des Menschen in natürliche Kreisläufe warnt. Auch dass permanent steigende Kohlendioxydwerte im Ozean und in der Atmosphäre sich bereits heute auf das Leben auf der Erde auswirken, kann sie mit Zahlen und Fakten belegen. In Alexander Eisenachs Klima-Tragödie «Anthropos, Tyrann» spricht Antje ...
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Theater heute Juni 2021
Rubrik: Nachhaltigkeit, Seite 12
von Eva Behrendt
Im letzten Jahr hatten sie es noch haarscharf geschafft: Knapp bevor die erste Welle der Pandemie sämtliche kulturellen Aktivitäten hinwegspülte, ging Carlo Chatrians und Marietta Rissenbeeks erste Berlinale mit allem Drum und Dran über die Live-Bühne, deutlich zurückhaltender und ästhetisch herausfordernder allerdings, als man es von Vorgänger Dieter Kosslick...
Das wahre Happening spielte sich vor dem Theater ab. Die Basler Kasernenwiese an diesem ersten frühsommerlichen Freitagabend nach dem Ende eines zermürbenden Kultur- und Freizeit-Lockdowns: bunt bevölkert, Straßencafés und Außenbars geöffnet. Eine Ahnung von der Leichtigkeit des Seins im Real Life liegt in der Luft. So wie früher, vor Corona. Beinahe. Denn am...
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