Verblendungsspaß
Der Fürst schnauft und ächzt, er schwankt auf dürren Beinchen in rot-gemusterten Leggins und kann sich kaum auf den Beinen halten. Sitzt er endlich im Sessel, so nickt er ein – oder begrabscht die Frauenbeine rechts und links, als gäbe es kein Morgen. Und weil seine Tage tatsächlich gezählt scheinen und weil er so wohlhabend ist wie ledig, muss dieses Onkelchen ganz dringend verheiratet werden, bevor es unter die Erde kommt.
Die geldgierige Marja Alexandrovna Moskalyova jedenfalls, mit streng an den Kopf gegeltem Kurzhaar und goldener Bluse, wittert eine hervorragende Partie für ihre schöne, doch leider nicht mehr ganz junge und zudem skandalgefährdete Tochter Zina. Und weil auch andere Dorfschönheiten und ihre Verwandten ihre Chance wittern, muss es schnell gehen mit der Eheanbahnung.
Barbara Bürk hat sich im Schauspiel Frankfurt Dostojewskis satirische Erzählung «Onkelchens Traum» vorgeknöpft, die dieser 1858 in der sibirischen Verbannung schrieb. Sie ist denkbar simpel gestrickt. Bürk spart sich die Vorgeschichte des «Onkelchens», mit der Dostojewski aufwartet, und konzentriert sich auf den Intrigenstadel. Die Erzählung wird telenovelahaft und mit viel Freude am großen ...
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Theater heute März 2023
Rubrik: Chronik, Seite 55
von Esther Boldt
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