Unter Mackern

nach Schleef/Goethe «Droge Faust», nach Hopper «Easy Rider»

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Um die Droge auf ihren Reinheitsgehalt zu prüfen, ist eine Anfrage beim Nüchternsten geraten: beim Erzähltheoretiker des Realismus, Friedrich Spielhagen. Der setzte ab etwa 1860 in lebenslangem Kampf auseinander, wie ästhetisch peinlich es ist, wenn sich Erzähler erläuternd ins dargebotene Geschehen einmischen. Wer etwa sage «Hier sehen wir unseren Helden», gebe sich praktisch schon von Vornherein verloren, denn ob eine Figur als Held angelegt ist, werde sich ja ohnehin im Handlungsverlauf erweisen. Ein Geschehen, das nicht aus sich heraus symbolisch werde, brauche die Kunst nicht.



Womit Spielhagen freilich nur die halbe Wahrheit verfocht. Selbstredend ist der Glaube an die Evidenz eines Geschehens in der Moderne merklich geschwunden (nicht umsonst wetterte Spielhagen ja). Die Literatur seit der Industrialisierung ist voll von erzählerischen
Eskapaden, von Digressionen und Selbstreflexionen. Armin Petras hat unter dem Pseudonym Fritz Kater in seinen Stücken selbst überzeugend die Möglichkeiten einer emanzipierten Erzählerstimme vorgeführt. Aber bitte – hier liegt der Maßstab: Es muss denn auch eine solch eigenmächtige Erzählstimme sein. Alles, was bloß der Selbstkommentierung von ...

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Theater heute Juni 2011
Rubrik: Chronik, Seite 49
von Christian Rakow

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