Traum schafft Wirklichkeit(en)
Der Countdown läuft. Rund um den Münchner Theateräquator Maximilianstraße werden in diesem Herbst die Claims neu abgesteckt. Mit wechselseitigem Gastinszenieren wie in den letzten Jahren durch die beiden Intendanten Johan Simons und Martin Kušej ist nun nicht mehr zu rechnen.
Stattdessen testet Matthias Lilienthal mit seinen mehr neckisch als provokant in Erscheinung tretenden «Shabbyshabby Apartments» gleich mal die Mitmachbegeisterung des Kammerspiele-Publikums und lädt zur Übernachtung im schick-schäbigen Sperrholz-Ambiente an exponierten Orten wie Springbrunnen, Verkehrsinseln oder einer Parkbucht in unbezahlbarer Lage direkt vor dem Cartier-Shop.
Im Gegenzug wirft Kušej am Residenztheater einen gediegenen Klassiker-Köder für potenzielle Überläufer aus, die sich mit einer weiteren Ausweitung des erweiterten Theaterbegriffs dann doch nicht anfreunden mögen. Immerhin gelingt dem dazu auserkorenen David Bösch mit seiner hart am Text entlang inszenierten Version von Kleists letztem Schauspiel «Prinz Friedrich von Homburg» das Kunststück, sowohl die Fraktion der Werktreue-Fetischisten nicht zu vergrätzen - keinen einzigen Videoschnipsel erlaubt sich der sonst als Bilderklauber ...
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Theater heute November 2015
Rubrik: Aufführungen, Seite 10
von Silvia Stammen
Über die zehn Gebote ist im Grunde alles gesagt, seit Moses mit den Tontafeln vom Sinai stieg. «Du sollst nicht töten.» Klar formuliert, versteht jeder. «Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.» Auch klar formuliert. Aber die Menschen halten sich nicht dran. Daher ist eben doch nicht alles gesagt. Was das Schauspielhaus Zürich zu einem Saisonstart mit...
Die Festung Europa bröckelt, aber sie hält stand. In Ungarn stehen Stacheldrahtzäune, Kroatien macht die Grenzen dicht, der Zugverkehr zwischen Wien und München ist immer wieder unterbrochen, und die deutschen Asylgesetze wurden ruckzuck verschärft. Elfriede Jelinek, die mit «Die Schutzbefohlenen» das europäische Drama beschrieben hat, bringt ihren Text mit einem...
Da stehen sie auf der Bühne. 23 Personen, davon sechs Schauspieler, der Rest Laien – und singen. Es ist eine Art chorischer Sprechgesang, den Marta Górnicka mit ihrem Ensemble eingeübt hat. Wie in ihrem festivalerprobten polnischen Frauenchor «Magnificat» oder «Requiemmaszyna» (s. TH 2014/10, S. 21) sind die Töne und Nuancen verwoben zu einem Klangteppich. Und wie...