Tiefenbohrung im Subjektiven
Seit Jahr und Tag stellt der Regisseur Sebastian Hartmann seinen Theaterabenden einen Ausspruch von Edgar Allan Poe voran: «All that we see or seem / Is but a dream within a dream.» Es ist ein anti-realistisches Motto und ein Signal, dass sich seine Theaterexpeditionen nicht aus handfester Alltagswirklichkeit herleiten, sondern aus dem Spiel der Subjektivität, aus Träumen und Gedankenbewegungen, aus dem Flackern des schöpferischen Ich.
Mit diesem Grundinteresse landet Hartmann folgerichtig bei den Werken der klassischen Moderne, für die Weltbeschreibung in erster Linie Untersuchung der Mittel ist, mit denen wir Welt aufschließen: Sinnen über Hirnströme, Sprachreflexion, Tiefenbohrungen in den Enzyklopädien des Wissen. Hartmanns Döblin-Variationen «Berlin Alexanderplatz» vorletzte Spielzeit am Deutschen Theater Berlin wiesen bereits in diese Richtung (TH 7/2016). Und nun ebenda der Sprachkunst-Monolith schlechthin: «Ulysses» von James Joyce, das Werk über die Wanderungen des Juden Leopold Bloom durch das Dublin des Jahres 1904 – und durch die Weiten der Kulturschatzkammern von Homers «Odyssee» über Shakespeare bis in den Zeitungsjournalismus seiner Gegenwart.
Aufstand der ...
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Theater heute März 2018
Rubrik: Aufführungen, Seite 14
von Christian Rakow
US-Präsidenten verstehen sich als Interventionisten. John F. Kennedy war da keine Ausnahme und verstärkte, obwohl nur zwei Jahre im Amt, die Truppenpräsenz der US-Army in Vietnam. Der 35. US-Präsident steht für den schleichenden Beginn des verheerenden Indochina-Kriegs, obwohl er als US-Senator in Vietnam war und hellsichtig analysierte, warum die Weltmacht...
In ihren Fäusten hält Olga je einen Holzscheit, und man weiß nicht, ob er ihr als Halt dient oder als Waffe für den Notfall. Oder ob er vielmehr einen Rest von Sicherheit repräsentiert, von Wärme und gesellschaftlicher Verankerung, um die Olga und ihre Familie so verzweifelt ringen in Kafkas schneeumtostem, von sozialer Kälte durchdrungenem Romanfragment «Das...
Wenn im Theater gehustet wird, dann normalerweise im Zuschauerraum. Diesmal aber fängt die Vorstellung damit an, dass das in Anoraks und Daunenmäntel gehüllte Ensemble sich vor dem Vorhang aufreiht und so lange herzhaft um die Wette hustet, bis der – ebenfalls hustende – Doktor seine Patienten von der Bühne holt. So beginnt Alexander Eisenachs Inszenierung des...