Thomas Melle: ODE
Figuren
im
ÖFFENTLICHEN RAUM
darunter:
FRATZER
ORLANDO
PRÄZISA
und
DIE WEHR
Texte in durchgehenden Majuskeln zeigen einen CHOR an. Die WEHR kann stets von verschiedenen Spielerinnen und Spielern oder Gruppen übernommen werden. Das Sprech- und Anschlusstempo sollte möglichst hoch sein.
Man erzähle mir Unvorhergesehenes, Gewaltsames.
Man komme nicht immer und immer wieder, wieder und wiederum mit Psychologie, mit Aufdecken, undsoweiter. Man täusche nicht Inhalte vor. In einer Erzählung wird die Jugend des Helden erzählt, und man weiß schon: So und so kann es werden, wird es sogar ganz sicher nach solchen Voraussetzungen. Es ist ja so banal, mit seinem vereinzelten Menschsein zu protzen! Und wer täte es nicht in dieser unserer Episoden-Zeit!
Es gibt in der Welt nichts – o wie sie sich davor fürchten! – was einen ordentlichen Ablauf hat. Besser auf zehn Seiten fünfzig Morde als psychologische Aufklärung. Man lasse die Lebendigen reden und erzählen, nicht die Prediger.
Oskar Maria Graf, 1919
Die Phrase «Kommt überhaupt gar nicht in Frage», die im Berlin der zwanziger Jahre aufgekommen sein dürfte, ist potentiell schon die Machtergreifung.
Theodor W. Adorno, ...
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Theater heute Februar 2020
Rubrik: Stückabdruck, Seite 99
von
Ohrenbetäubendes Unheilsdröhnen, Gewitterbeats und elegisches Gewummer. Dazu dreht sich ein metallbeschlagenes viereckiges Monstrum in der Bühnenmitte, um das sich auf Kniehöhe eine kleine Sünderbank schlängelt. Das Licht im neblig trüben Raum kommt nur funzelig von oben und leuchtet steil wie in eine Untergangskathedrale. Drunten auf dem Bühnenboden kringeln und...
Aufführungen
In Basel widmet sich Stefan Bachmann dem Amoklauf eines Staatsanwalts zwischen Befreiungsheld und Despotie: «Graf Öderland». Bei Michael Thalheimer im Berliner Ensemble laufen dagegen die «Gastarbeiter»-Feindbilder des Wirtschaftswunders Amok: Rainer Werner Fassbinders «Katzelmacher». Nebenan im Maxim Gorki will Christian Weise mit Shakespeares...
Das Leiden an sich selbst gehört zu den Lieblingsdisziplinen von Wohlstandsgesellschaften. Wo objektiv die meisten materiellen Bedürfnisse übererfüllt sind, entstehen andere, diffuse Defizite, Zweifel an der eigenen Konsumtauglichkeit, Unlust, sich der Kontrolle und dem Konformitätsdruck der Außenwelt auszuliefern, oder es lauert schlicht die Angst, dass es ohnehin...