Tableaux der Deformation

Schiller «Maria Stuart», Schnitzler «Liebelei» (Schauspiel Frankfurt)

Zwei Königinnen auf einer großen Bühne, getrennt durch eine Wand, ausladend Platz für beide: der Idealzustand. Weil es aber in Michael Thalheimers Planspiel nach Schiller kein gerechtes Teilen von Macht, Gunst und Einfluss geben kann, verharrt Olaf Altmanns riesige schwarze Trennwand nicht in der Bühnenmitte, sondern dreht mal schräg nach links, mal nach rechts, verkleinert bzw. vergrößert den Spielraum der jeweiligen Königin. Immer wieder wird eine der beiden an den Rand gedrängt, bleibt aber präsent, auch wenn die Szene gerade der anderen gehört.

Schicksalhaft sind die beiden miteinander verbunden. «Schwester» wird Maria, die schottische Königin, später Elisabeth, die Regentin von England, nennen, um die Ranggleichheit und die entfernte Verwandtschaft zu betonen. Aber von Anfang an lässt Bert Wrede bedrohliche Gitarrenklänge durch den Raum hallen. Klar, dass das Ganze kein gutes Ende nehmen wird.

Thalheimer hat Schillers großes politisches Drama nicht entkernt, aber zumindest entschlackt. Die meisten Nebenfiguren sind gestrichen, und deshalb muss besonders Valery Tscheplanowas der Verschwörung angeklagte Maria Stuart die meiste Zeit allein für sich
einstehen. Im edelschlichten ...

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Theater heute Mai 2011
Rubrik: Chronik, Seite 54
von Paula van Bergen

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