Sportliche Zeilensprünge
Da steht ein junger Mann mit Bärtchen in einem kleinen Raum, der trotz seiner Transparenz – er ist aus dunklen Gazevorhängen gebildet – klaustrophobisch anmutet und als einziges Möbelstück einen schwarzen Stuhl enthält. Keinen Schrank. Der Mann mit Bärtchen heißt Wolf. Er raucht. Er trägt einen konservativen Anzug, eine dezent gestreifte Krawatte und einen Trenchcoat; sein Handy hat einen sehr schönen Klingelton. Wolf telefoniert mit seiner Frau/Freundin (einmal schmatzt er ein Küsschen aufs Handy) und mit einem Reisebüro, um einen Flug zu buchen.
Bei den Zeilen «nein ich möchte nicht / am fenster sitzen gang / ich bevorzuge den gang» wird er laut; anscheinend hat Wolf schwache Nerven. Und einmal telefoniert er auch mit seinem Vater, aber dafür benutzt er eine Zigarettenschachtel. Denn Wolfs Vater ist tot, man kann nicht wirklich mit ihm telefonieren. Das Vatertelefonat ist Theater.
Das Theater des Albert Ostermaier hat gewiss seine Verdienste. Seine Abstraktionsleistung und seine Fähigkeit, mit einem gewissen Chic zeitgeistige Themen und Sujets in eine geschmeidige Sprache zu bannen, übersteigt indes bei weitem seine szenische und dramaturgische Fantasie. Das Monodrama ...
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Die Ausgangslage war brillant: «Der Streit» von Marivaux, eine alte Kiste, aber so aktuell, als hätte sie Houellebecq selbst in den Arc de Triomphe gemeißelt. Eine Geschichte über Menschenexperimente, emotionale Klonversuche, Rückverwilderungsgeschichten, am Fließband reproduzierte Sündenfallszenarien. Pop, Politik, Science Fiction so weit man sehen kann. Ein...
Dafür muss man den Berliner und seine Neigung zum Haushund einfach lieben. Steht zur Nachtzeit nur mit einem Bademantel überm Pyjama ganz jovial auf der Straße, das Bullenbeißerkettchen locker ums Handgelenk geschlungen, und sorgt sich um sein Tier. «Bienchen», brüllt den liebreizenden Kosenamen markerschütternd ins Parkett, und man kann sich lebhaft vorstellen,...
Wenn sie unterrichtet, steht die «Klavierspielerin» Erika Kohut, so wie Isabelle Huppert sie bei Michael Haneke spielt, gern am Fenster ihres Studierzimmers der Wiener Musikakademie und schaut nach draußen. Das Fenster ist geschlossen, der Raum schalldicht und gefühlsresistent abgedichtet. Eine Welt ohne Welt.
Auf der Bühne des Palais Garnier der Pariser Oper, wo...