Spezialist für physisches Erzählen
Sebastian Zimmler erzählt aus dem Theateralltag. Repertoirevorstellung am Hamburger Thalia, er spielt in Christopher Rüpings gegen Ende etwas mäandernder Inszenierung von Benjamin von Stuckrad-Barres «Panikherz», Unruhe im Saal. Und kurz nach der Pause nölt eine Stimme aus dem Publikum: «Laaaaaaaangweilig!» «Ich habe gecheckt, okay, das ist ein Schüler, der sitzt mit drei weiteren Jungs in der hintersten Reihe. Und da habe ich gesagt: ‹Gut, dann wäre es konsequent, wenn du jetzt gehst!›» Situation erstmal professionell entschärft, das Publikum ist wieder präsent.
Und die Antwort, «Nee, ich warte, ob noch was Spannendes passiert!», kann Zimmler dann aufnehmen und in sein Spiel integrieren. So geht man als guter Schauspieler mit Zwischenrufern um.
Aber Zimmler nutzt die Anekdote nicht nur, um die Qualität der eigenen Arbeit herauszustellen, für ihn öffnet der Zwischenrufer auch ein Fenster in die eigene Jugend. «Das, was ich damals gesehen habe, habe ich auch nicht verstanden», beschreibt er seinen ersten Theaterbesuch, «Othello», als Schülervorstellung in Berlin. «Ich hätte nicht den Mut gehabt, reinzurufen. Aber das war für mich eine ganz absurde Welt, mit der ich in meinem ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Februar 2020
Rubrik: Akteure, Seite 36
von Falk Schreiber
Das Findelkind Mowgli wächst bei den Wölfen auf – und findet später bei den Menschen auch kein Glück. Ein bedauernswertes Zwischending ist der berühmte Dschungeljunge, Held eines der bekanntesten Jugendbücher weltweit. Weder Mensch noch Tier, weder wild noch dressiert, ohne echte Heimat und Familie – ein Wesen, das in der Natur einzig durch Cleverness und die...
Die drei Künstlerfiguren, um die herum sich nacheinander die Kulturkämpfe von Thomas Melles «Ode» entfalten, sind eines schon mal nicht oder zumindest nicht in reinster Form: weiße, heterosexuelle Normalmänner aus dem Bürgertum. Die Konzeptkünstlerin und Direktorin der Kunstakademie Anne Fratzer, die die Öffentlichkeit mit einer unsichtbaren Luft-Skulptur unter...
Das ist nicht der romantische Unschlittplatz, wo man ihn einst fand, verwirrt, verdreckt und stammelnd. Das ist der harte Eiserne Vorhang, an den zwei Herren in weißen Anzügen den Kaspar Hauser schmeißen, immer wieder, brutal und ohne Gnade für die arme Geburt. Einen Jux machen sie sich daraus, die Kreatur zu demütigen, sie mit Worten und Fäusten zu traktieren. Die...