Schmetterlingskunde

Man muss auch mal schwärmen dürfen: über Paris im Sommer mit Isabelle Huppert in Krzysztof Warlikowskis Williams-Inszenierung «Endstation Sehnsucht» und Ariane Mnouchkines neuestes Zauberstück «Les Naufragés du Fol Espoir»

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Dass Schmetterlinge mit ihrem Flügelschlag Verheerendes anrichten können, hat sich herumgesprochen. Hier ist die Verheerung schon da, der Schmetterling tot. Aufgespießt auf einem Drehhocker, im schwarzen Négligé, die weißen Beine von sich gespreizt wie ein Falter im Papiliorama, sitzt Isabelle Huppert zehn heftige Bühnenminuten lang allein mit ihrem übergroß verzerrten Videoabbild hinter Glas im klinischen Raum – Bad oder Isolierzelle, eine Querstrebe zur Kegelbahn der Obsessionen, in die Malgorzata Szczesniak die Kleinbürgerwelt der Familie DuBois-Kowalski vergrößert hat.

Isabelle Huppert ist Blanche DuBois, die bei Schwester und Schwager Zuflucht sucht und Zerfall findet. Sie ist am Ende. Sie lallt, stammelt nur, sediert, allem abhanden, verdämmert, bringt kaum Worte hervor: Kinderreime aus einem Chanson von Claude Roy: «Si tu trouves sur la plage / Un très joli coquillage / Compose le numéro / Océan zero zero / Et l’oreille à l’appareil / La mer te racontera / Dans sa langue des merveilles / Que papa te traduira».


    Williams plus Mouawad plus Platon etc.


Wunder, die Papa dir übersetzt. Papa kommt nicht vor in Tennes­see Williams’ «Endstation Sehnsucht» (auf Französisch «Un ...

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Theater heute Juli 2010
Rubrik: Ausland, Seite 38
von Andreas Klaeui

Vergriffen
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