Schimpfkanonade und Sprachblockade

Thomas Bernhard «Alte Meister», Claudius Lünstedt «Musst boxen»

Thomas Bernhard und Nürnberg – damit könnte man es sich sehr einfach machen: «… wie dieser schreckliche Ur- und Vor-Nazi Dürer», heißt es an einer Stelle in den «Alten Meistern», «der die Natur an die Leinwand gestellt und getötet hat, dieser schauerliche Dürer, wie Reger sehr oft sagt, weil er Dürer tatsächlich zutiefst hasst, diesen Nürnberger Ziselierkünstler.

»

Aber in Frank Behnkes eigener Nürnberger Bearbeitung der schon in seiner Roman-Urform «Komödie» genannten Kunst- und Lebens-Schmähschrift Bernhards sind diese Sätze über das – neben der Bratwurst – zweitgrößte fränkische Image-Objekt keineswegs garstige zentral-patriotische Anbiederungen, sondern eben nur beiläufig stichelnde Aperçus, gerecht verteilt in der immensen Fülle all der anderen endgültigen Vorurteile. Denn es kommt auf etwas ganz anderes an: Behnke, der eigentlich Chefdramaturg am Staatsschauspiel ist, hat sich in seiner Regiearbeit von den bisher gespielten Bühnenversionen der «Alten Meister» gelöst, hat nicht nur das Buch geschickt aufgedröselt, um sich voll auf die – zugegeben – eingängigsten Welt- und Geist-Verwünschungen zu konzentrieren; indem er die Person des Musikprofessors Reger gleich vervierfacht, ...

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Theater heute Februar 2005
Rubrik: Chronik, Seite 44
von Bernd Noack

Vergriffen
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