Rock’n’Roll will never die
Dass Jon Fosse, der Caspar David Friedrich der Konfliktvermeidung, irgendwann den jugendlichen Übungsraum als Ort für seine introvertierten Stimmungslandschaften entdecken musste, war naheliegend. Denn in den teppichverhängten, stinkenden Kellern und Bunkerräumen mischen sich Genialitätsträume und Ängste im Rahmen der Selbstfindung, vorlauter Narzissmus und hormonale Fernsteuerung zu jenem sehr schwierigen und unentschiedenen Verhalten, das der Norweger so gerne hat.
Besonders der Bereich depressiver Romantiker, der einen erklecklichen Teil des europäischen und amerikanischen Gitarrenrocks umfasst, ist natürlich wie geschaffen für Fosses Kunst der halben Sätze.
Der kleine Einakter «Lila», den Fosse über die peinliche Zeit der ersten Akkorde, Küsse und Rockstarposen geschrieben hat und der jetzt im Malersaal des Deutschen Schauspielhauses uraufgeführt wurde, trifft dann auch sehr schön den Ton jener postpubertären Zwischenzeit. Die Vorstellung von der eigenen Wirkung ist noch so unvollkommen und die Hemmung beim Anfassen noch so böse, dass alle Äußerungen bezaubernd halbgar und inszeniert auftreten. Weil sie dem Schutz der kindlichen Naivität entwachsen sind und die erwachsene ...
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Man müsse tot sein, heißt es, wenn man in Wien eine gute Nachred’ haben will. Manchmal genügt es auch, wenn man todkrank ist. Als der von einem Krebsleiden schwer gezeichnete Hans Gratzer bei der Nestroy-Gala vergangenen November auf der Wiener Varietébühne Ronacher für sein Lebenswerk geehrt wurde, spendete ihm die versammelte Wiener Theatergesellschaft...
Das für ein Einsatz: Er hat sich an die Wand geworfen, immer wieder, bis er endlich niedergesunken ist. Käfergleich hat er sich dort am Boden um die eigene Achse gedreht und mit den Füßen gegen die Wand getreten, als wollte er, der Schwerkraft trotzend, bis zur Decke hochspazieren. Hat ein armseliges Tannenbäumchen umarmt, hat dem Chauffeur über die Stoppelhaare...
Mit der Kultur ist das so eine Sache. Sie ist ein Suffix, das man an jeden beliebigen Begriff anhängen kann: Wohn-, Ess-, Freizeit- oder gar Freikörper-… – alles kulturelle Phänomene. In den Medien kommt der Begriff aber auch gerne als Präfix vor, vorzugsweise als Kulturauftrag. Das DeutschlandRadio (nur echt mit der Arno-Schmidtschen BinnenMajuskel) schlägt jetzt...