Revolutionäres Denken heute

Nur die «permanente Revolte» kann das Absurde überwinden, glaubte der Philosoph und Dramatiker Albert Camus. Wie glaubhaft inszenieren Volker Lösch («Die Gerechten») und Jan Lauwers («Caligula») diesen Gedanken in Stuttgart und Wien? Von Christine Wahl

Koalitionsstänkereien, Eurokrisen-News, Herdprämienhäme: Eigentlich rumort ja zurzeit an sämtlichen Kanzlerinnen-Baustellen zumindest ein kleiner Widerstandsgeist. Aber: Es gibt Abhilfe. Irgend jemand sollte Angela Merkel schlichtweg mal einen Theaterbesuch ans Herz legen! Mit Volker Lösch am Schauspiel Stuttgart und Jan Lauwers am Burgtheater Wien haben sich gleich zwei Regisseure von Albert Camus inspirieren lassen, gleichsam den modernen Menschen in der Revolte zu durchleuchten.

Beide sind zu dem beruhigenden Ergebnis gekommen, dass aus der Kulturkonsu-menten-Ecke bis auf Weiteres keinerlei systemrelevante Opposition zu befürchten ist.

Im Gegenteil: Den Teilnehmer/innen von Volker Löschs schwäbischem Occupy-Camp könnte zumindest Joachim Gauck jederzeit bes­ten Gewissens einen Orden ans Revers heften. «Die Gerechten» – Camus’ sozialrevolutionäre Terror-Zelle, die sich nach historischem Vorbild von 1905 mit der Frage herumschlägt, inwiefern system-immanente Missstände Bomben– würfe auf Großfürsten rechtfertigen – mutiert bei Lösch mehrheitlich zu einer engagierten Bürgerinitiative ohne jede Gewaltneigung. Denn wie immer benutzt der Stuttgarter Hausre­gisseur die dramatische ...

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Theater heute Juli 2012
Rubrik: Aufführungen, Seite 30
von Christine Wahl

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