Plastikwinter
Ein paar Informationen mehr oder weniger können das, was wir Realität nennen, entscheidend verändern: Während an Variante I, einem Überraschungsurlaub für die ganze Familie, eigentlich nur das Reiseziel Finnland im Winter verwundert, kann Variante II, Papa ist ein Spion und wir müssen in die DDR fliehen, durchaus verunsichern. Fritz Katers «we are camera/jasonmaterial» entwickelt aus dieser Agentengeschichte der anspruchsloseren Sorte eine vor Referenzen strotzende Versuchsanordnung um Täuschung und Wirklichkeit.
Die bange Frage, was überhaupt echt war am gemeinsamen Leben, legt sich am Theater Augsburg eindrucksvoll als ein erstickender Schleier über die Welt: die kuschelige Bettdecke, unter der die Kernfamilie zu Beginn erwacht, erweist sich umgehend als Fake – sie ist nur weiße Plastikfolie, und die überzieht den gesamten Bühnenraum inklusive Mobiliar (Ausstattung Evi Wiedemann).
Regisseurin Lilli-Hannah Hoepners Inszenierung bleibt nahe am Text, mit dem Kater/Petras 2004 zum Autor des Jahres gewählt wurde. Die Haupthandlung dieses dritten Teils seiner DDR-Trilogie spielt in der Silvesternacht 1969/70 in Helsinki, als Wissenschaftler Ernst seiner Familie seine wahre Identität ...
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Theater heute August/September 2012
Rubrik: Chronik, Seite 54
von Cornelia Fiedler
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