Love is a bourgeois construct
Ein schöner Don Carlos. Immer in Bewegung und so elastisch tänzelnd. Feingliedrig, als hätte er Gummigelenke. Auch sein Blankvers: eins a geschmeidig und so schön weich moduliert. Der Schauspieler Felix Strobel ist ein Charismatiker, auch stimmlich. Vielleicht hat man deshalb in Stuttgart das K in Schillers «Don Karlos» im Titel zum C umgebogen. Am hiesigen Schauspiel darf der 29-Jährige nach vier Spielzeiten endlich mal eine richtig große Rolle spielen. Es wurde Zeit.
Strobels spanischer Kronprinz ist ein Traumtänzer, ein Liebesbedürftiger, ein Hitzkopf, ein Sanguiniker, manchmal auch ein Tölpel und etwas kindlich. Einer, der seine Gefühle nicht im Griff hat. Manchmal unfreiwillig komisch. Einer, der offenen Auges in ebenso offene Messer rennt. Strobel stünde auch der Prinz von Homburg ganz fantastisch.
Kammerstück der Gefühle
Ins Zentrum des Dramas hat David Bösch, der «Don Carlos» jetzt am Stuttgarter Schauspiel inszeniert hat, ein Kammerstück der Gefühle gestellt. Es zielt aufs (fast) Private: den Vater-Sohn-Konflikt zwischen dem Kronprinzen und König Philipp II., die unglückliche Liebe der Prinzessin von Eboli, die aufopfernde Freundesliebe Posas, des Königs Suche nach einem ...
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Theater heute März 2023
Rubrik: Aufführungen, Seite 16
von Verena Großkreutz
Unter all den oft sehr lauten Gefühlsausbrüchen auf einem Spielplatz ist auch dieser leise Angstmoment: wenn eine Schaukel in vollem Schwung nach hinten saust, am höchsten Punkt entgegen jeder Logik kurz verharrt, wenn der Blick fast senkrecht in den sandigen Boden fällt, die Ketten in den Händen plötzlich nicht mehr ganz gespannt sind und der Sitz leicht nach...
Die Tür klemmt, fliegt dann mit einem Ruck auf, ein Knäuel Personen poltert in die leere Altbauwohnung, die Letzte bleibt mit ihrer Handtasche am Türknauf hängen. Huch! In der ersten Sekunde ist eigentlich alles klar über diesen Abend, «Der Haken», uraufgeführt am Schauspiel Bonn in der Regie von Roland Riebeling: Schauspielerisch sind alle ständig etwas drüber,...
Der Fürst schnauft und ächzt, er schwankt auf dürren Beinchen in rot-gemusterten Leggins und kann sich kaum auf den Beinen halten. Sitzt er endlich im Sessel, so nickt er ein – oder begrabscht die Frauenbeine rechts und links, als gäbe es kein Morgen. Und weil seine Tage tatsächlich gezählt scheinen und weil er so wohlhabend ist wie ledig, muss dieses Onkelchen...