Kompletthysterisch

Thalia Theater, Hamburg: «Der Raub der Sabinerinnen», nach Schönthan/Goetz, Regie: Herbert Fritsch

Die Theaterdirektorin Emanuela Striese weiß Bescheid. «Man kann über alles Theater machen, bloß nicht über anderthalb Stunden», klärt sie den dramatisch dilettierenden Professor Gollwitz auf, der berechtigte Zweifel an der Bühnentauglichkeit seiner spätpubertären Römertragödie «Der Raub der Sabinerinnen» hegt.

Und während Gollwitz (Matthias Leja) auf seinen X-Beinen erwartungsgemäß einknickt und sich sogleich beflissen an die Streichung ganzer statistischer Hundertschaften macht, setzt sich der Regisseur Herbert Fritsch selbst ziemlich großzügig über die Neunzig-Minuten-Regel hinweg. Leider behält die von Karin Neuhäuser treffsicher über die Rampe geschwäbelte Intendantin Recht: De facto bringt nicht mal das sportive Trampolin, das sich in Fritschs gelungener Vorgänger-Schwankzurichtung «Die (s)panische Fliege» an der Berliner Volksbühne als hundert–zwanzigprozentiger Pointenbeschleuniger bewährt hatte (und das diesmal nicht in einer Kunstteppichfalte, sondern hinter einem über­dimensionalen roten Sofa klemmt), den «Raub der Sabinerinnen» abendfüllend auf Touren. Die zweite Berufsweisheit, die die Bescheidwisserin Emanuela Striese mit Grandezza ins Parkett schleudert – «Alte ...

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Theater heute Januar 2012
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Christine Wahl

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