Jenseits des Offiziellen

Claudia Grehns «Ernte». Von Andrea Koschwitz

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Es gibt eine Spur in der deutschen Dramatik, die ins Dunkle zieht. Auf ihr kann man den «Schattenwesen» begegnen. Unruhige, schemenhafte Gestalten, gebückt oft oder zusammengekauert, in Angststarre gebannt oder auf der Flucht. Büchners Woyzeck, Hauptmanns Mutter Wolffen oder Bruno Mechelke aus den «Ratten» sind solche Gestalten. Ihre Autoren erzählen von Menschen, die in den Schattenzonen am Rand der Gesellschaft existieren. Die einen kämpfen ums Über­leben, andere sind auf der Suche nach «einem – kleinen – bisschen Glück».

Solche Menschen sind es, denen Claudia Grehn in ihrem Theaterstück «Ernte» intensive poetische Momentaufnahmen schenkt.

Anna hat sich entschieden. Sie will ihr Nomadenleben aufgeben und nicht länger zwischen ihrer Familie in Polen und dem Erntejob in Deutschland hin- und herziehen. Denn Anna ist schwanger. Sie wird ihren polnischen Lebenspartner, den Trinker Marek, verlassen und mit ihrem deutschen Freund Peter ein friedliches Leben beginnen. Ihre erwachsenen Söhne Pawel und Sascha hat sie ohne Vater großgezogen. Der war Russe und schon im Kommunismus kriminell. Der siebzehnjährige Sascha kommt eher nach dem Vater und wehrt sich exzessiv gegen die Trostlosigkeit ...

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Theater heute Jahrbuch 2010
Rubrik: Die neuen Stücke der Spielzeit, Seite 176
von Andrea Koschwitz

Vergriffen
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