
«Der Vogelhändler». Foto: Jerzy Bin
In weiter Ferne so nah
So etwas kann natürlich auch gehörig schief gehen. Wenn bei angestrengter Gutmenschlichkeit nur noch die pure Ambition zu erkennen ist. Wenn die Bühne zum Infostand wird und das gute Gewissen zum Regiekonzept. Wenn man Hilfsbereitschaft mit Folklore garniert und am Ende multikulturelle Friedens- und Freudentänze aufführt. Wenn man Schwarz-Weiß-Malerei betreibt und auch noch stolz darauf ist.
In Konstanz hat das Theater die Kurve gerade noch einmal gekriegt. Gespielt wird hier mit «Welt 3.
0 – Maschinerie Hilfe» ein Stück über Entwicklungshilfe, das sehr nah an den Fakten von den fatalen Missverständnissen erzählt, die das Verhältnis zwischen der westlichen und der afrikanischen Welt bestimmen. Die Unterstützung unterentwickelter Regionen ist längst zu einem nach ganz brutalen kapitalistischen Regeln funktionierenden Gewerbe geworden: Um den Menschen, der auf konkrete Hilfe angewiesen ist, geht es nicht mehr, stattdessen um Millionen-Transfers, um die Interessen von Konzernen und um undurchsichtige politische Absichten. Und der Jubel über die großartige Spendenbereitschaft westlicher Nationen kommt ohne Meldungen, dass Hilfsgelder in dunklen Kanälen versickern, gar nicht mehr aus.
K ...
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Theater heute August/September 2012
Rubrik: Magazin: Afrika, Seite 67
von Bernd Noack
Da stehen wir nun mit unseren Kopfhörern auf dem Braunschweiger Burgplatz und haben schon verstanden: Theater, das ist nicht mehr die Konfrontation mit einer Bühnenperformance, die dann mal mehr, mal weniger mit unserer Wirklichkeit zu tun hat, sondern Theater, das ist unsere Wirklichkeit. «Du bist die Stadt», lautet das Motto der diesjährigen Theaterformen. In...
Theater ist eine kollektive Kunst», befindet (und praktiziert) der Regisseur (und seit Herbst 2011 Intendant der Stuttgarter Staatsoper) Jossi Wieler. Und er sucht (und findet nicht immer) zusammen mit Dramaturgen, Bühnenbildnern, Dirigenten und Darstellern die gesellschaftliche und individuelle Wahrheit, Triftigkeit, die Gegenwärtigkeit der Bühnenvorgänge....
Wald und Keller gelten gemeinhin als Orte der Unübersichtlichkeit, als Fluchträume, in denen die reglementierenden Kräfte von Staat und Über-Ich keinen Zugriff haben oder zumindest nur einen Teil ihrer Macht entfalten können als unheimliche Anziehungspunkte, an denen man in der Begegnung mit sich selbst das Fürchten lernen kann. In München haben sich – rein...