Gib den Huren Zucker

Kornél Mundruczó «Hotel Lucky Hole» (U)

Vielleicht verlaufen solche Lebensgeschichten tatsächlich so notdürftig. Seit Jahren geht die Ungarin Anna (Annamaria Lang) in Zürich anschaffen. Ihr eigener Bruder hat sie in die Prostitu­tionsfalle gelockt, mit Kokain und Geldversprechen. Jetzt bedient Anna ihren Freund Fritz (Fritz Fenne) auf dem Sofa. Beide sind splitternackt, ansonsten herrscht keine Chancengleichheit. Der Bankmanager ist stinkreich und unglücklich mit Mona (Miriam Maertens) verheiratet – und er leistet sich Anna als Nebenfrau. Sie tut gehorsam, was sie gelernt hat: Service am Mann, Stöhnorgie auf Kommando.

Sobald Fritz fertig ist, trollt sich Anna in die Küche. Von eigener Lust keine Spur. Trotzdem, als Fritz sie rauswirft, wird sie überzeugt sein, ihren Sugardaddy sehr geliebt zu haben.

Aber die Liebe ist ein launisches Tier in Kornél Mundruczós «Hotel Lucky Hole», einer Auftragsarbeit für das Schauspielhaus Zürich, die der ungarische Autor und Regisseur selbst in der Schiffbaubox uraufgeführt hat. Und von diesen Launen bekommen die osteuropäischen Huren in ihrer Baracke mit Bar- und Badanschluss (Bühne: Márton Ágh) nur die Wildschweinvarianten mit. Die Liebe suhlt sich im Kot in dieser Inszenierung, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Januar 2015
Rubrik: Chronik Zürich, Seite 59
von Stephan Reuter

Vergriffen
Weitere Beiträge
kein ausreisen kein einreisen – der ewige auftrag

Der Tod steht vor der Tür, hält seine Hand auf, ich schweige. Ich schaue hinter mich, alles voller Licht und Erregung, die Dinge, die ich nicht getan habe, die, die ich dabei immer gern getan hätte – das Leben im Konjunktiv, denke ich, in gebeugter Form. Der Tod wird ungeduldig – ich halte seinen kalten Blick, lächle und höre mich sagen: Komm morgen wieder, morgen,...

Die mit dem Wolf tanzen

Im Schummerlicht erobern Indianer die leere Zuschauertribüne, während wir auf dem Bühnenboden sitzen und gebannt zuschauen. Nebelschwaden ziehen durch den Raum. Wie ist es dazu gekommen?

Eigentlich hat alles ganz harmlos begonnen – mit einem Vortrag über eine Reise in die verlore­nen Dörfer am Rande der Braunkohletagebau-Gebiete der ostsächsischen Lausitz. Fünf...

Das Wetter von morgen

In Hamburg benimmt sich das Wetter an diesem Premierenwochenende Ende November leider völlig ordnungsgemäß: Es ist kalt, grau, neblig. An der Front des Schauspielhauses prangt in Großbuchstaben: WELT-KLIMAKONFERENZ. Rimini Protokoll macht dieses Mal kein diskursives Re-Enactment wie im letzten Jahr mit den «Situation Rooms» zum internationalen Waffenhandel, sondern...