
Luana Velis und Ensemble; Foto: Robert Schittko/Schauspiel Frankfurt
Frankfurt: Stillstand mit Birkenwald
Warme Kleidung braucht man, denn in Sibirien wird große Kälte durchfahren, erzählt der wendige Reiseleiter mit der Fellmütze. Aber auch dünne Sachen sind gut, vielleicht sogar Badehosen, am Zielort Peking sind 30, 40 Grad zu erwarten. Wem noch etwas fehlt, der kann es ja schnell im Kaufhaus gegenüber besorgen, bevor der Zug abfährt. Die letzten Reisenden wehen heran, mit Mänteln, Kopfhörern, Rucksack. Einer hat eine Espressomaschine dabei und eine Kochplatte, was man halt so für unverzichtbar hält auf langer Fahrt.
Und dann geht es los, die Türen schließen sich, und zurück bleibt – der Reiseleiter, der bass erstaunt am Bahnsteig steht, bevor er sich aufrafft, losläuft, doch die Türen sind zu und werden sich für ihn nicht wieder öffnen. Er ist der erste Verschollene auf einer langen Fahrt.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen? Ja, genau! Es kann allerdings passieren, dass der Reisende nichts Neues erzählt, sondern nur Bekanntes in ein anderes Lokalkolorit kleidet. Das Schauspiel Frankfurt hat, mit großzügiger Förderung des Kulturfonds Rhein-Main, den ungarischen Regisseur Viktor Bodó und sein 13-köpfiges Team auf eine knapp vierwöchige Recherchereise geschickt: ...
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Theater heute Februar 2018
Rubrik: Chronik, Seite 50
von Esther Boldt
In Jan Speckenbachs Filmen wird das Alltägliche mythisch und ästhetisch überformt. Das war schon in «Die Vermissten» (2012) so, als Adoleszenz surreal-dystopisch ausgedeutet wurde. Und es ist in «Freiheit» so, dem neuen Film des Regisseurs, der auch für seine Videoarbeit in Castorf-Inszenierungen bekannt ist.
«Bevor die Seelen der Verstorbenen wiedergeboren...
In den großen Nischen der Rückwand des Jugendstil-Schlafzimmers stehen zwei römische Statuen. Im Kingsize-Bett räkeln sich König Oedipus und seine Gattin Iokaste, als wüssten sie nicht so recht, sollen sie nun weiter den Morgen genießen oder sich schon den Regierungsgeschäften zuwenden? Eigentlich ist ja alles in Ordnung, wäre da nur nicht diese Pest, die ganz...
Es war, man traut sich das heute kaum zu sagen, keineswegs alles immer gut an Frank Castorfs Berliner Volksbühne. Nehmen wir zum Beispiel die Volksbühnenbulette. Mit Schaudern erinnere ich mich an den Premierentag, an dem ich kurz vor Vorstellungsbeginn am Volksbühnenbüffett eine solche original Volksbühnenbulette verzehrte. Hellbraun war ihre Farbe, knusperzart...