Fragen des (Un)Wohlseins

In Münster startet Ulrich Peters und muss sich gleich einer Spardebatte stellen. Das Schauspiel reagiert mit seinen Mitteln: Es macht sich unverzichtbar

Prächtige barocke Giebelhäuser, die in ihren Bogengängen teure Läden beherbergen und ganzjährig Weihnachtsmarktatmosphäre ausstrahlen, Schwärme von Radfahrern auf mittelalterlichem Kopfsteinpflaster, junge Menschen, sogar zahlreiche Kinder, die sich im Sommer auf den grünen Stadt­ringen tummeln. So viel heitere und heile Welt findet man selten. Die Kriterien, die dazu geführt haben, dass Münster in einem weltweiten Wettbewerb um Lebensqualität im Jahre 2004 zu der lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wurde, lassen sich unschwer erahnen.

Dass das Schauspiel der Stadt jedoch nicht dazu gehörte, ist mal sicher. Denn auch wenn sich Münster mit seinen fast 300.000 Einwohnern (davon 50.000 Studierende) in mancherlei Hinsicht als kleine westfälische Metropole fühlen kann, haben sich die städtischen Bühnen in den vergangenen Jahren ziemlich provinziell gezeigt. Vom letzten Generalintendanten, Wolfgang Quetes, hörte man nur wenig, die überregionale Presse fand ebenso selten den Weg ins Schauspiel wie meine inzwischen im Münsteraner Bildungsbürgertum angekommenen ehemaligen Kommilitonen. Wollte man Theater auf Großstadtniveau sehen, fuhr man ins Ruhrgebiet oder ließ sich in der Freien ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Januar 2013
Rubrik: Start: Münster, Seite 30
von Natalie Bloch

Weitere Beiträge
Bodies und Buddys

Die Liebenden sind austauschbar. (…) Die Reduktion der Person zum Liebespartner scheint mir das charakteristischste Merkmal dieses grausamen Traums zu sein. Und vielleicht das modernste Merkmal. Der Partner trägt keinen Namen mehr, er besitzt nicht mal mehr ein Gesicht. Er ist nur am nächsten.»

Seit Jan Kotts berühmt hellsichtiger «Sommernachtstraum»-Deutung aus...

Well-made in Austria

Manchmal liegen nur ein paar Zentimeter zwischen Komödie und Tragödie. In Anton Tschechows «Onkel Wanja» zum Beispiel greift der Titelheld am Ende des dritten Akts zur Flinte und schießt zwei Mal auf seinen Schwager. Träfe er, wäre das Stück eine Tragödie. Weil er aber daneben schießt, ist es eine Komödie.

Die Schuss-Szene stellt Matthias Hartmann seiner...

Absolute Gegenwart

Es geschieht nichts Aggressives, keine Gewalt, kein Blut, kein Sex, es ist nicht einmal besonders laut, und doch verlassen in dieser Szene immer wieder Zuschauer den Saal, weil sie es einfach nicht aushalten: Ein Mensch zählt, nichts weiter, aber das genügt. Es mag ein wenig verrückt klingen, aber diese Minuten in den Münchner Kammerspielen, in denen der leicht...