Fabrik und Fashion
Elfriede Jelinek hat eine neue dramatische Strategie erfunden: das Sekundärdrama. Dieses sei, so die Autorin, von seinem «Wirt», dem Primärdrama, abhängig und dürfe nur gemeinsam mit ihm aufgeführt werden. Nach Faust («FaustIn and out») hat sich Jelinek nun Ibsens «Nora» vorgeknöpft. Der eigens für das Düsseldorfer Schauspielhaus verfasste Epilog «Nach Nora» spült hoch, was wir Modekonsumenten und Fashionvictims verdrängen bzw.
ignorieren: «Immer waren wir schon schlau und haben es woanders produzieren lassen […] damit wir den Dreck nicht hier haben und ständig anschauen müssen. Da vergeht es uns ja!» Doch so entlarvend «Es» in typisch Jelinekscher Manier auch plappert, der kurze Text über die sich immer rascher verbrauchende Mode, die sich gottgleich gerierenden (Mode-)Schöpfer und die Brände in den Kleiderfabriken in Bangladesch wirkt selber wie mit der heißen Nadel gestrickt.
Vielleicht ein Grund, warum Dusan David Parizek noch eine frühe Nora-Umschrift Jelineks in seine Inszenierung einbaut: «Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte» (1979). Emanzipatorisch gestimmt, heuert Nora hier nach Verlassen ihres Mannes in einer Fabrik an und wird mit den ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Dezember 2013
Rubrik: Chronik Düsseldorf, Seite 56
von Natalie Bloch
Der Gedärmeforscher Eines Sommerabends vor sechs Jahren warteten eine Freundin und ich in einer Sparkassen-Filiale am Rosenthaler Platz auf einen freien Geldautomaten. Ein Typ mit wirren grauen Haarsträhnen und sackartig ausgebeultem, speckigem Anorak hatte schon ziemlich lange auf eins der Geräte eingeredet und hilflos an ihm herumlaboriert, als er schließlich...
Der Abend zerfällt in zwei Teile. In jenen vor der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie und jenen nach dem Attentat. Der erste Teil: nervös, aufbrausend. Der zweite Teil: lähmend, vor sich hin siechend. Dazwischen: ein schwarzes Loch. Es klafft wie eine große Leerstelle in Biljana Srbljanovic’ neuem Stück, auch wenn...
Glotzt nicht so romantisch!», hat Brecht seinen Prekariatsstücken als Aufforderung ans Publikum mitgegeben und es mit V-Effekten wie Brecht-Gardine oder Songs um die rührselige Identifikation gebracht. Wenn ein in der Regel gut verdienendes Publikum z.B. auf der Bühne der Münchner Kammerspiele das Leben der Anderen betrachtet, schleicht sich schnell der peinliche...