«Es muss alles anders werden»

Milo Rau hat in den letzten Wochen ziemlich viele Corona-Tests gemacht. Gerade probt er eine Oper in Genf, fährt in ein paar Tagen nach Paris zu Édouard Louis und ihrem gemeinsamen neuen Projekt, und regelmäßig natürlich ans belgische NT Gent, das er leitet. Zwischen den Jahren ist er aber in Köln; mit seiner Familie lebt er in einem Stadthaus in Ehrenfeld, in dem auch die Büros seiner Produktionsgesellschaft sind. Eine Parkbank ist nur wenige Schritte entfernt.

Theater heute - Logo

Dorothea Marcus Wie funktioniert es rein praktisch, in Corona-Zeiten in Belgien Intendant zu sein und in Köln zu wohnen?
Milo Rau Viel besser als ohne Corona in jedem Fall, weil man mehr zu Hause ist.

DM Die Familie freut sich – aber gilt das auch für das NT Gent?
Rau Unser Theater ist seit November geschlossen, wir proben nur. Die Saison beginnt Ende März, wir spielen dafür den Sommer durch. Das haben wir gleich Ende Oktober entschieden.

Der rasende Stillstand der ersten Welle hat uns an den Rand des Wahnsinns gebracht, wir haben alles zehn Mal umgeplant. Diesmal haben wir gesagt: Wir schicken die Leute in den Urlaub und bereiten uns vor. Erst im Frühjahr haben wir die erste Premiere mit dem neuen Luk-Perceval-Stück, und dann geht es eng getaktet wieder los. Dieser radikale Entschluss hat einen völlig anderen Möglichkeitshorizont eröffnet. Wir haben angefangen, in Arbeitsgruppen die Struktur unseres Theaters und unserer Produktionsweisen grundsätzlich zu durchdenken. Das hysterische Streaming, das wir im ersten Lockdown natürlich mitgemacht haben, war eine schöne Sache. Aber jetzt haben wir uns die Zeit genommen, andere Formate zu entwickeln. Wir haben die «School of Resistance» ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Februar 2021
Rubrik: Akteure, Seite 17
von Dorothea Marcus

Weitere Beiträge
Mein Nachruf zu Lebzeiten

Der Tabubruch ist ja noch immer präsent. Auch weil er damals in aller medialen Breite stattgefunden hat – über die eigene Krankheit zum Tode, letztlich über die eigenen Vorbereitungen auf das Sterben sprach und schrieb Christoph Schlingensief, wie das noch niemand zuvor getan hatte. Und er forcierte Lebenslust und Todesbeschwörung sicher auch mit Blick auf die...

«Ist da etwas nicht in Ordnung?»

TH Seit wann gibt es Themis – die Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt –, was ist es genau, und wie ist es entstanden? 
Eva Hubert Seit Mai 2018 gibt es den gemeinnützigen Trägerverein; die Beratung und den richtigen Betrieb haben wir am 1. Oktober 2018 aufgenommen. Themis geht zurück auf eine Initiative des Bundesverbandes Schauspiel, der neben...

Elefant sein

Vielleicht brauchte es den Abstand von dreißig Jahren, um dieses Stück in seinen weit ausgreifenden gesellschaftskritischen Dimensionen auszumessen. Den Blick eines klugen Regisseurs und hellwacher Spieler*innen, die sich dem Stoff mit ihrer eine Generation jüngeren Weltsicht nähern. «Einfach das Ende der Welt» ist die Geschichte vom verlorenen Sohn Louis, in...