Ernst ist das Leben, künstlich die Kunst

Neustart im Wiener Akademietheater: Antonio Latella unterzieht Oscar Wildes «Bunbury» einer Dehnungsübung, Lucia Bihler taucht Thomas Bernhards «Die Jagdgesellschaft» in Theaterblut. Zuvor hat das Burgtheater seinen Newsletter-Abonnent*innen noch einen «Richard II.»-Stream von Johan Simons geschenkt

Theater heute - Logo

König zu sein, ist kein Traumjob. Ständig streiten sich zwei, welche Entscheidung man als Regent auch fällt, zumindest einen Feind schafft man sich immer. Im Fall des glücklosen Herrschers Richard II., einem tragischen Träumer, dem zum Regieren schlicht das Talent fehlt, sieht man aber auch schön, was bei Shakespeares Königsdramen verschärfend hinzukommt: Der Mann hat es mit lauter Verwandten zu tun. Gute Onkels und böse Cousins, die ihn in Bedrängnis bringen. 

Regisseur Johan Simons hat das selten gespielte Shakespeare-Stück «Richard II.

» im Vorfeld selbst als eine «sehr enge Familiengeschichte» beschrieben. Es passiert vergleichsweise wenig, man zerfleischt sich innerhalb der Verwandtschaft. Schon recht bald ist klar, dass mit König Richard II., der mit elf Jahren auf den Thron gekommen ist, kein Staat zu machen ist. Dass er sich ungefähr zu Halbzeit des Abends tatsächlich seinem Widersacher unterwirft, anstatt wie sonst üblich zu den rhetorischen oder echten Waffen zu greifen, ist dann aber doch wieder interessant. Das Stück erzählt, zumindest so, wie es Simons anlegt, auch von einer großen Erschöpfung.

Jan Bülow ist ein moderner Bartleby. Er spielt Richard II. im Stream des ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juli 2021
Rubrik: Aufführungen, Seite 6
von Karin Cerny

Weitere Beiträge
Heiliger Antonius!

Erinnert sich noch jemand an das Intertextualität-Seminar Anfang der 1980er Jahre? Die brandgefährlichen Thesen aus Frankreich, bei deren bloßer Erwähnung in schriftstellerheiligen Thomas-Mann-Colloquien die Neonröhren im Raum zu flackern begannen? Der Autor sei tot, so das Donnerwort von Roland Barthes, und das war kategorisch gemeint. Es gebe kein...

«Zurück in die Steinzeit müssen wir auch nicht»

Karin Winkelsesser Yvonne Büdenhölzer und Christoph Hügelmeyer, Sie engagieren sich bei den Berliner Festspielen in puncto Nachhaltigkeit. Inwiefern verbindet sich das mit Ihrer jeweiligen Tätigkeit? 
Yvonne Büdenhölzer Seit 2012 bin ich Leiterin des Theatertreffens, habe aber zuvor auch schon bei den Berliner Festspielen gearbeitet und den Stückemarkt beim...

Cadillac, Flossenheck

Das Universum der Lyrics von Bruce Springsteen hat etwas Patina angesetzt. Nehmen wir, nur zum Beispiel, zwei seiner Fixsterne: Das Auto war in den letzten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, als der «Boss» unzählige Songs rund um Cadillacs, Highways und Thunder Roads schrieb, noch ein echtes Freiheitsversprechen, ein Symbol für Ausbruch und...