Erkenntnis! Energie! Bewusstsein!
Theater heuteHerr Rühle, was missfällt Ihnen so vehement am zeitgenössischen deutschsprachigen Theater?
Günter RühleBei den augenblicklichen Entwicklungen am Theater geht es nicht um Missfallen, sondern um die Veränderungen, die wir Theaterbesucher mit unseren Erlebnissen und mit unseren Vorstellungen von Kunst und der Funktion von Theater in Verbindung bringen. Diese Veränderungen können wir nicht mehr sympathetisch
begleiten, weil wir sie als Verluste empfinden. Ich sage das so deutlich, weil die heutige Kritikergeneration völlig anders bewertet.
Sie haben beim diesjährigen Theatertreffen zum ersten Mal nicht ausverkaufte Premieren. In den Pausen flieht das Publikum.
THDas hat es schon immer gegeben. Erinnere mich gut an Türenknaller bei Schleefs «Vor Sonnenaufgang» und Marthalers «Wurzel aus Faust»
RühleDieses Mal war es besonders auffallend – und ich habe mich zum ersten Mal daran beteiligt! Ich bin ja unbeschränkt leidensfähig im Theater, aber dieses Jahr ist es mir schwer gefallen. Und das hängt mit den Verlusten zusammen. Beispiel: «Kasimir und Karoline». Eine Aufführung, die von außen kalt inszeniert ist. Man merkt deutlich, diese Regisseure haben ihre Bildung aus dem ...
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Theater heute Jahrbuch 2010
Rubrik: Zeitreise, Seite 80
von Eva Behrendt, Barbara Burckhardt, Franz Wille
1. Teil Spurensuche
Früher begann der Tag mit einer Schusswunde. Im Juni 1967 reist Ernst Wendt für «Theater heute» zur Experimenta nach Frankfurt am Main. Hier sein Bericht aus Heft 7/67:
«Der Schuß, der den Studenten Benno Ohnesorg in den Hinterkopf traf, fiel während der ersten Stunde der Experimenta II, das Stockholmer Scala-Theater zeigte im Theater am Turm...
Thomas Arzt ist 27. Er kommt aus Oberösterreich und ist in einem Dorf aufgewachsen. 2000 Einwohner hat es, und Theater war dort, auf dem Land, mehr als genug. Da gab es eine Laienbühne, an der der Großvater eine große Rolle spielte. Es gab einen Saal mit Drehbühne, einen Fundus und viele schöne Geschichten. Und wenn andere einen Dachboden ihr Refugium nennen...
Noch immer sorgt das Bild im Pariser Musée d’Orsay für leichte Irritation, wenn der Blick des von einem zum anderen Bild schreitenden Betrachters plötzlich zwischen zwei geöffnete Schenkel fällt, zwischen denen die Lippen sichtbar, der Spalt der Klitoris erkennbar, der behaarte Schamhügel einer Liegenden sich ihm entgegenwölbt. Eine Nahsicht, naturgetreu...