Ein migrantischer Jedermann
Hoffnung und Sehnsucht – zwei unterschiedliche, aber ähnliche Gefühle, die die Menschen zu etwas treiben, das sie nicht haben. In Bochum ist die Hoffnung das, was Menschen ermutigt zu einer besseren Zukunft, und die Sehnsucht das rastlose Gefühl, am falschen Platz zu sein. Beide Gefühle gehören zum Emotionshaushalt von Migranten und Migrantenkindern. Und davon gibt es in Bochum viele.
Mit «Nadzieja i tesknota/Umut ve Özlem/Hoffen und Sehnen» stellt sich das Schauspiel der Gegenwart der Stadt Bochum.
Intendant Johan Simons wurde oft vorgeworfen, er berücksichtige die lokalen Besonderheiten und die Wünsche des Bochumer Publikums nicht. Doch in den letzten Jahren hat das Bochumer Schauspielhaus immer wieder Versuche gemacht, sich der städtischen Wirklichkeit zu öffnen, nicht immer erfolgreich. Aber das Projekt, das nun am Abschluss der Spielzeit stand, erreicht das Ziel: Ankommen in der Wirklichkeit Bochums und Ankommen bei einem Bochumer Publikum, das den Weg ins Schauspielhaus nicht findet. Denn man muss diesmal gar nicht hinein ins hohe Haus. Vor dem Haus steht die Zuschauertribüne, und der Vorplatz und die Balkone werden zur Bühne: Freilichttheater von urbaner Qualität.
Die ...
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Theater heute August/September 2022
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Gerhard Preußer
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