Düsseldorf: Tragische Frauen

Penelope Skinner «Linda», Sophokles «Antigone»

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«King Lear, so etwas fehlt uns», klagte Corinna Kirchhoff vor ein paar Jahren über den Mangel an Rollen für ältere Frauen. Penelope Skinner hat Abhilfe geschaffen. Nun gibt es «Linda», eine tragische Frau, die das Richtige will, aber grässliche Fehler macht. Irgendetwas ist doch von Anfang an falsch, wenn man die Gleichberechtigung der Frauen oder gar die Verbesserung der Welt durch besseres Marketing einer Anti-Aging-Crème erreichen will (wie es die Unilever-Marke «Dove» vorbildhaft vorgetäuscht hat).

 

Das Düsseldorfer Schauspielhaus hat nun das 2015 am Royal Court Theatre in London erfolgreiche Stück nach Deutschland gebracht. Marius von Mayenburgs Regie hält sich zurück, zu Recht. Kein Kitchen-Sink-Realismus, auch wenn einige Szenen in Lindas Küche spielen, nur eine leere weiße Projektionsfläche (Bühne: Stéphane Laimé). Platz für die Schauspieler, Platz für die Rückprojektionen in den Köpfen der Zuschauer.

Die Vielfalt der Identifikationsmöglichkeiten ist die Attraktivität und der Mangel des Stückes. Nicht nur Linda will alles, Karriere, Kinder, Moral, Sex, auch die Autorin häuft auf die arme Bühnenfigur alle Probleme, die eine Frau von 55 so haben kann: Im Job wird sie von ...

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Theater heute Januar 2020
Rubrik: Chronik, Seite 58
von Gerhard Preußer

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