Dresden: Sintflutfantasien
Die Steuerberaterin Hanne Blomberg hat auf dem Laptop ihrer 15-jährigen Tochter ein alarmierendes Video gefunden: Marie und ihre Freunde beim Flaschendrehen; bereits hosenlos. «Ich finde, alle Eltern haben ein Recht darauf, zeitgleich informiert zu werden», agitiert Hanne ihren Gatten Michael im Oberlehrerinnen-Tonfall. Kurz darauf sitzen die betroffenen Erziehungsberechtigten bei Dornfelder und Salzgebäck in der Blombergschen Bude, die Bühnenbildnerin Anne-Alma Quastenberg als schalldicht abgepolsterten weißen Kasten mit Gummizellen-Charme ins neue Dresdner Schlosstheater gebaut hat.
Hier wird gespielt, während im angestammten Großen Haus Umbauarbeiten stattfinden.
Das Kreuz an der Wand («ein Erbstück», wie Frau Blomberg einmal leicht hysterisch aufkreischt) lässt natürlich bereits schwer belastbare Prognosen zu, wo diese Yasmina-Reza-Konstellation hinsteuert – die im vorliegenden Fall allerdings von Martin Heckmanns stammt. Jawohl: Unter der hausstauballergischen Helikoptermutter Hanne im nonnenaffinen Schwarzen mit Rüschen-Besatz (Christine Hoppe) schält sich alsbald die verbissene «Werte»-Verteidigerin des christlichen Abendlandes hervor, deren Brüder und Schwestern im Geiste ...
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Theater heute Oktober 2016
Rubrik: Chronik, Seite 51
von Christine Wahl
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