Die ungleichen Brüder

Ein deutsch-deutsches Märchen von der SOLIdarität und anderen Pakten

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 Es waren einmal zwei Brüder, die lebten vor langer, langer Zeit und in einer Gegend weit, weit weg von hier. Beide besaßen gemeinsam ein Grundstück mit Garten, darauf nahezu identische Eigenheime, die der ganze Stolz ihrer Bewohner waren. Durch Umstände, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, wurde das Grundstück durch einen undurchdringlichen Zaun geteilt, und die Brüder wurden zu Nachbarn. Das Schicksal wollte es nun aber eines Tages, dass der eine Bruder ins Unglück geriet.

Sein Haus verfiel zusehends, das Grundstück verwilderte, und so sehr er sich auch abmühte, so kam er doch auf keinen grünen Zweig. Dem anderen dagegen war das Glück innig zugetan. Sein Reichtum mehrte sich, und obwohl er auch nicht tüchtiger war als sein Bruder, zierten bald glitzernde Autos und schicke neue Möbel das Anwesen, das immer auf dem neuesten technischen Stand gehalten wurde. Das blieb dem armen Bruder nicht lang verborgen, aber er sagte sich: «Was brauche ich Reichtum und Geld, mir genügen ein einfaches Mahl und ein glückliches Leben ohne materiellen Besitz.» So fügte er sich in sein Schicksal, und es wäre mit ihm wohl so weitergegangen, wenn nicht eines Tages seine Schulden so hoch ...

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Theater heute Mai 2012
Rubrik: Foyer, Seite 1
von Christian von Treskow

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Theater des denkenden Mitgefühls

 Zuletzt arbeitete er (ein skrupulöser, ungemein selbstkritischer Autor) an einem Essay, einem Buch über Shakespeares Shylock, wollte, sagte er, den Blick aber auch auf die Titelfigur, Antonio, den Kaufmann von Venedig, lenken: den liebenden Homosexuellen. Denn Ivan Nagel war beides, ein ungläubiger Jude und homosexuell.

Geboren am 28. Juni 1931 in Budapest,...

In memoriam Gefühlsgemetzel

 Am Schluss verbeugen sie sich vor sich selbst und das zu Recht. Die spiegelnden Plexiglaswände des Kubus, den Annette Murschetz so eng in den Münchner Marstall eingepasst hat, dass vor den Seiten jeweils nur Platz für zwei bis drei Sitzreihen bleibt, werfen den sechs todesmutigen Schaukämpferinnen im Inneren das eigene erschöpfte und erleichterte Bild zurück. Zwei...