Die Schöpfung geht weiter
I love you»: Mit rotem Herzen und entsprechendem Bekenntnis erstrahlte das weiße Kapuzenshirt von Rainald Goetz, als er jüngst in der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz einem Seelenverwandten seine Reverenz erwies. Es war ein glücklicher Einfall, den «schlaflosesten Zeitgenossen der pubertierenden Berliner Republik» (so kürzlich Gustav Seibt in der «Süddeutschen Zeitung») die Ausstellung mit Fotografien des 2001 früh verstorbenen Einar Schleef eröffnen zu lassen.
Mit unzähligen Notizzetteln und einigen Büchern gewappnet, die er aus einer durchsichtigen Plastiktüte hervorholte und vor sich auf dem Pult ausbreitete, zielte Goetz in einer eindrücklichen Quasi-Performance sogleich auf den Kern des Schleefschen Schaffens. Es stünde für das lebenslange Abarbeiten eines Wortmenschen an der Macht der Bilder, in Anziehung und Abstoßung. Goetz und Schleef: Zwei monomanische Materialsammler trafen hier indirekt aufeinander; beide zudem in der Obhut des Suhrkamp-Lektors Hans-Ulrich Müller-Schwefe.
Der unbekannte Schleef
Die Ausstellung eröffnet den Blick auf einen weithin unbekannten Schleef. Nur Insider kannten seinen Fototextband «Zuhause» (1981), in dem er – seit 1976 im ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft – darin schwingt die von Familienpolitikern ungern beachtete Bedeutung mit, dass diese Form des Zusammenlebens tatsächlich zu einer Zelle werden kann, in der man sich Keime holt. Manche davon wird man dann sein Leben lang nicht los. Zum Beispiel die Rollenverteilung: Vater, Mutter, Kind. Wer eins davon mal war (zumindest...
Die Führung beginnt beim «Führerdenkmal». Erinnert wird hier aber nicht an Adolf Hitler, sondern an Joseph Beuys. In dem kleinen Raum liegt ein riesiger Kopf, die vergrößerte Nachbildung der «Original-Totenmaske» des Künstlers. Eine Wand des Zimmers stellt die Berliner Mauer dar, es liegen Butterziegel drauf. Im weit aufgerissenen Mund des toten Beuys befindet...
Ein schwarzhäutiges Zimmermädchen in der großen Marmorbühnenbox wischt den Boden, wischt und wischt, ihre Bewegung wird langsamer, wird Zeitlupe. Dann, nach einer Vorhangpause voll laut dröhnendem Rauschen: absolute Stille. Als wäre aller Ton weggedreht. Und in der Stille, im grellen, nackten Marmorraum, sitzt allein ein Baby, gerade mal ein paar Monate alt, sitzt...