André Kaczmarczyk, Florenze Schüssler und Jona Hackmann in Gainald Goetz' «Jeff Koons»; Foto: Thomas Rabsch/Düsseldorfer Schauspielhaus

Die Bürger, die Oper, Gott und Kunst

Das Düsseldorfer Schauspiel sucht nach letzten und höchsten Dingen: Ibsen fragt nach den «Stützen der Gesellschaft», Andreas Kriegenburg nach Brechts «Dreigroschenoper», Axel Hacke verbringt drei Tage mit Gott und Rainald Goetz’ «Jeff Koons» bekommt eine Galerie

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Ein Mann kommt auf die Bühne, telefonierend mit Ohrstöpseln und Freisprechgerät im strahlend blauen Anzug – ein Manager von heute. Es ist Konsul Bernick aus Ibsens «Die Stützen der Gesellschaft» von 1877. Wenn das Stück so glatt aktualisierbar ist, warum wird es heute so selten gespielt?

Der komödienhafte Schluss wird in allen Schauspielführern bemäkelt. Ibsen sei bei diesem ersten seiner gesellschaftskritischen Stücke «technisch noch nicht auf seiner Höhe» gewesen (Alfred Kerr).

Dabei hat schon Hansgünter Heyme anno 1967 gezeigt, wie man diesen Schluss umdrehen kann. Nicht als plötzliche Lösung aller Konflikte und Sieg der Wahrheit durch glückliche Zufälle und Vergebung auf allen Seiten, sondern als neue Stufe der scheinheiligen Lüge. Und dafür gibt es auch in Ibsens Text gute Gründe, denn hier ist «(trotz des rettenden Ausgangs) das Torpedo unter die Arche gelegt» (auch Kerr).

Tilman Köhlers Düsseldorfer Inszenierung entscheidet sich für die Abstraktion. Kein Realismus, kein Milieu – nur an die hundert weiße Stühle, die eine schwarze, quadratische Spiel-fläche umrahmen (Bühne: Karoly Risz). Hier treibt Reeder Bernick seine Geschäfte. Seinen Reichtum und sein Ansehen verdankt er ...

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Theater heute Februar 2018
Rubrik: Aufführungen, Seite 28
von Gerhard Preußer

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