Die Angela und der Sigmar

Charlotte Roos/Juli Zeh «Mutti» (U)

Hat die Dame wirklich (schon) das Zeug zur Theaterfigur? Sicher, das, was man ihr nachsagt, ist wie aus dem Shakespeareschen Charakter-Fundus: «Die Raffinierte», «Königin der Macht», «Die heißkalte Frau», «Die Unterschätzte», gar eine «Lady Eisenherz» soll sie ja sein. Und doch sagen irgendwie alle «Mutti» zu ihr. Wie geht das zusammen? Und vor allem: Wie prickelnd kann diese Jekyll-Hyde-Veranlagung auf der Bühne sein?

Gar nicht prickelnd, eher bemüht und im platten Sinn unterhaltsam.

Zumindest in dem Versuch, den Juli Zeh und Charlotte Roos zu verantworten haben: Angela Merkel erscheint da als heftig karikierter Dramen-Star inmitten halb­debiler und profilierungssüchtiger Kabinetts- und Parteikollegen, als zentraler Fixstern auf
einer Milchstraße ranziger Polit-Kalauer. Das Stückchen «Mutti», angelegt irgendwo zwischen Kabarett-Nummernrevue und Therapie-Klamotte, uraufgeführt bei den Ruhrfestspielen und später am koproduzierenden Nationaltheater Weimar vor einem heiter-glucksenden Publikum ins Repertoire geschickt, ist nichts anderes als der betulich-harmlose Versuch, auf der Höhe der Zeit zu balancieren. Schließlich fallen aber alle tief: die Autorinnen, Hasko Weber als Regisseur ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Oktober 2014
Rubrik: Chronik Weimar, Seite 69
von Bernd Noack

Weitere Beiträge
Das Steampunkdisneyland an der Ruhr

In den drei Jahren seiner Intendanz hat Heiner Goebbels zwar auch vieles bei der RuhrTriennale zugelassen, ja gefördert, das nicht direkt in die Kategorie «Musiktheater» gehört; aber die große Konstante seiner Ära sind Versuche, auf der kleinsten und alternativsten wie der größten und aufwändigsten Ebene Musiktheater für die Gegenwart zu fassen. Jedes Mal stand ein...

Die Banalität des Bösen

Bekannt wurde die 1977 geborene Rumänin Gianina Carbunariu durch ihre Arbeiten als Autorin und Regisseurin in der Freien Szene. Ihre jüngsten Performances aber entstanden zunehmend als internationale Koproduktionen in Repertoiretheatern. Kürzlich erhielt sie auch den renommierten rumänischen Theaterpreis UNITER für dokumentarisches Theater (der eigens für ihre...

Drei Trommelschläge

Die Nachricht von Gottfried Johns Tod erfuhr ich durch die Medien. Das hätte früher, als wir uns kennenlernten, keiner von uns gedacht, nämlich, dass je einer von uns sterben könnte, ganz zu schweigen davon, dass wir nicht ständig überein­ander Bescheid gewusst hätten.

Wir sprachen oft über den Tod, aber ebenso häufig über die Liebe, das Theater, die
Literatur, die...