Der vergoldete Herrscher
Diesen Menschen scheint nichts Tierisches fremd. Ihr gekacheltes Zuhause ist eine ungemütliche Kreuzung aus Affengehege, Aquarium und Abenteuer-Spielplatz. Zwischen Klavier und Schreibtisch verführen Kletterbäume zum Hüpfen und Balancieren. Wer fällt, der fällt weich – in den Sandkasten. Ein dienlicher Dämpfer, denn harte Abstürze hat Marius von Mayenburgs Sozialkatastrophe «Eldorado» einige zu bieten. Der Noch-immer-Jungdramatiker schickt sechs elitäre Glückssucher ins Abenteuer Alltag, wo sie gegen den bösen Raubtier-Kapitalismus ankämpfen müssen.
Nach der gepflegten Uraufführung an der Berliner Schaubühne (s. TH 12/04 und 2/05) entdecken Regisseur Thorsten Pitoll und Ausstatter Tilo Steffens in Wuppertal nun das animalische Potenzial der luxuriös Leidenden.
Geldgierig, geil und gewalttätig – das Sextett kann seine Triebe unter den grauen Business-Kostümen kaum verstecken. Der Kapitalismus verwildert seine Wohlstandskinder. Selbst die Koselaute zwischen den Ehepartnern Anton und Thekla klingen wie die Lockrufe für ein Schoßhündchen. Aber sie sind keine «dummen Tiere» wie die Hummer im Becken oder die Karpfen im Teich, sondern fühlen sich durchaus unglücklich. Von den gelben ...
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Otto will Sex, und Hilde will keinen. Und wenn so eine ganz alltägliche Verweigerung auch noch von einer ganzen Spiegelwand im Mansardenschlafzimmer reflektiert wird, sollte das für einen testosterongeplagten Möchtegerncowboy wie Otto umso peinlicher sein. Ist es aber natürlich nicht. Otto (Thomas Huber) kann sich zum Beispiel seelenruhig im Badezimmer über...
Früher war alles besser. Die Luft frischer, die Zigaretten billiger, und auch die Liebe war noch nicht eine Ansammlung gescheiterter Versuche, sondern die Liebe eben. Das gilt allerdings nur, solange dieses «früher» auch «früher» bleibt. Steht es jedoch eines Tages leibhaftig vor der Tür und tut so, als wäre es gerade mal eine halbe Stunde her, seit man sich zum...
Carl Zuckmayers «Geheimreport» hat spät, aber nicht zu spät bewirkt, auch die Rolle der Schriftsteller, Maler, Musiker und Schauspieler im «Dritten Reich» kritischer zu würdigen und anders als bisher zu bewerten. Ob die Künstler freiwillig anpassungsbereit oder nur unter Druck zu Zugeständnissen bereit gewesen sind, ändert nichts an der Tatsache, dass sie sich auf...