Der Türöffner
Wolfgang Schuch verdanke ich seit langem schon sehr viel. Sein Verlust berührt mich tief, insbesondere weil er einer der ersten Theaterleute außerhalb Kataloniens war, der sich für unsere Dramatik interessierte, sie verstand und wertschätzte. Was gleichermaßen auch für unsere Sprache gilt, für unsere ganze Art, zu sein und zu handeln, für die katalanische Kultur. Gemeinsam mit Klaus Laabs, ein guter Freund auch er, dem Übersetzer meiner Stücke, vertraute Wolfgang in die Theaterstücke, die ich geschrieben habe, und nahm sie ins Verlagsprogramm auf.
Meine erste Begegnung mit Wolfgang im Berlin der neunziger Jahre war ein großer Glücksmoment. Ich erinnere mich noch an seine vornehme Art, seine feste Stimme und den durchdringenden Blick. Unvergessen auch, wie er Spanisch sprach, Wort für Wort den richtigen Ausdruck ertastend, sein fast unablässiges Lächeln und das Lachen, in das er hin und wieder ausbrach und dabei seine Zähne blitzen ließ. «Um ein Stück von dir auf die deutsche Bühne zu bringen, dürfen wir nichts übereilen», sagte er. «Das Warten auf eine gute Erstaufführung lohnt unbedingt. Es ist allemal besser, als eine irgendwo und irgendwie auf die Schnelle hingepfuschte ...
WOLFGANG SCHUCH, 26. September 1936–29. Dezember 2020, ging in Suhl (Thüringen) zur Schule und studierte in Leipzig Germanistik und Theaterwissenschaft. Seine Abschlussarbeit schrieb er über Heiner Müllers «Umsiedlerin». Nach einem Engagement als Dramaturg am Theater Nordhausen arbeitete er ab Mitte der sechziger Jahre in der Theaterabteilung des Henschel-Verlags, ab Mitte der siebziger Jahre als Chefdramaturg. 1990 wurde er von den Autoren, Autorinnen, Übersetzern und Übersetzerinnen zu einem der beiden Geschäftsführer von henschel SCHAUSPIEL gewählt. Schuch betreute Autoren wie Volker Braun, Christoph Hein, Manfred Karge, Franz Xaver Kroetz, Heiner Müller, Ulrich Plenzdorf und Peter Turrini, er holte Biljana Srbljanović und Coline Serreau in den Verlag und sorgte in seinen späten Arbeitsjahren dafür, dass Stücke katalanischer Autoren wie Josep M. Benet i Jornet und Sergi Belbel den Weg auf deutsche Bühnen fanden.
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Theater heute Februar 2021
Rubrik: Magazin, Seite 63
von
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