Der optimistische Nein-Sager

Zum Tod des ungarischen Dramatikers István Eörsi

Wenn er hereinkam, der kleine, stäm­mige Mann mit dem wie poliert glänzenden Schädel im schütter gewordenen Haarkranz, den wach strahlenden Augen, dem kindlichen Lebens­lust-Lächeln – dann wurde einem wohl ums Herz. Schwer, schmerzhaft zu denken, dass er jetzt tot ist. Aber sein Beispiel bleibt, das eines politischen Schriftstellers, Selbstdenkers. 

István Eörsi, 1931 in Budapest geboren, entstammte einer jüdischen Familie. Sein Großvater, ein Gutsverwalter, hatte den Familiennamen Engel magyarisiert und war konvertiert.

Er starb schon 1919, so entging er dem Tod in Auschwitz, den der väterliche Zweig von Eörsis Familie erlitt. Der durch Zufälle davongekommene István versuch­te nach dem Krieg, «so zu tun, als ob nichts geschehen wäre», setzte seine Hoffnungen auf den Kommunismus, kam aber bald darauf, dass in der unga­rischen Nachkriegsrealität Parteidiktatur herrschte, auf sowjetische Bajonette gegründet. 

Eörsi hatte ab 1949 englische und ungarische Literatur studiert, 1953–54 als Gymnasiallehrer und danach als Journalist gearbeitet und nahm 1956 als Kontaktmann zwischen den revoltierenden Arbeitern und den Intellektuellen-Zirkeln an dem im November 1956 von den sow­jetischen ...

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Theater heute Dezember 2005
Rubrik: Magazin, Seite 78
von Henning Rischbieter

Vergriffen
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