Der lange Schatten der Twin Towers
Schlicht nine/eleven heißt es in englischsprachigen Texten, wenn jenes Ereignis benannt wird, das sich als Bild der einstürzenden Türme in unser Bewusstsein gesetzt hat. Die Folgen dieses Tages sind kaum absehbar, und sie sind von Dauer. Auch wenn die Kriegsschauplätze und die Konfliktlinien wie in Afghanistan, Irak und nun auch in Syrien wechseln, der Mentalitätswandel, der den «Krieg gegen den Terrorismus» begleitet, hat sich festgesetzt.
Auf jedem Flughafen dieser Welt merken wir es, wenn wir nicht schon aufgehört haben, uns darüber zu wundern, dass etwa Kosmetikfläschchen als Waffen behandelt werden.
Der Patriot Act hat in den USA diese neue Bedrohungsmentalität in legislative Formen gegossen, und auch in Europa wird beständig die Abwägung zwischen Freiheitsrechten und Sicherheitsinteressen neu vollzogen – die USA bleiben der Taktgeber für das politische Selbstverständnis der westlichen Welt. Andererseits blicken die Amerikaner, wie auch andere klassische Einwanderungsländer, auf eine lange Tradition von Migration zurück.
Dass Deutschland sich erst jetzt mühevoll dazu durchringt, sich als Einwanderungsland zu begreifen, macht diesen Erfahrungsvorsprung umso deutlicher. ...
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Theater heute Jahrbuch 2015
Rubrik: Neue Stücke der neuen Spielzeit, Seite 175
von Jörg Bochow
Dem Verständnis, das Politiker unterschiedlicher Couleur den Ängsten vor «Überfremdung» und «Islamisierung» entgegenbringen, weil man «die Sorgen der Bürger ernst nehmen» müsse, kann man erwidern: Nicht jede Angst ist berechtigt, und nicht jede Angst führt zum Recht. Der Soziologe Heinz Bude spricht in diesem Zusammenhang davon, dass ein ethnisch homogenes Milieu...
Die Debatte über das Ensembletheater in Deutschland wird zur Zeit wieder aggressiv und nervös geführt. Zugegebenermaßen fällt es schwer, der German-Angst-Fraktion auf Premierenfeiern zu entkommen und dennoch nicht der neoliberal orientierten Antisubventionslogik zu folgen. Gibt es einen Weg aus dem Dilemma?
Ensembles sind zunächst Zusammenschlüsse von Menschen zum...
Mitte März im Staatsschauspiel Dresden: Gerade noch hatte Fiesko zu Genua, halbseidener Hoffnungsträger einer putschbereiten Regierungsopposition, im Hinterzimmer gekokst und an spätpubertären Flaschendrehspielchen teilgenommen. Jetzt tänzelt er an der Rampe auf und ab und fragt unter maximal demagogischer Pokerface-Aufbietung: «In welcher Regierungsform leben wir...