Das Wetter von morgen

In Hamburg simuliert Rimini Protokoll am Schauspielhaus eine «Welt-Klimakonferenz», am Thalia Theater überführt Johan Simons Siegfried Lenz’ «Deutschstunde» in eine Familienaufstellung

In Hamburg benimmt sich das Wetter an diesem Premierenwochenende Ende November leider völlig ordnungsgemäß: Es ist kalt, grau, neblig. An der Front des Schauspielhauses prangt in Großbuchstaben: WELT-KLIMAKONFERENZ. Rimini Protokoll macht dieses Mal kein diskursives Re-Enactment wie im letzten Jahr mit den «Situation Rooms» zum internationalen Waffenhandel, sondern die Pre-Simulation eines Ereignisses, das zwei Wochen später in realiter zwölf Tage lang in Lima stattfinden wird, mit 20.000 Teilnehmern, verteilt auf 195 Länder-Delegationen.

In Hamburg sind es eher Delegatiönchen aus zwei bis vier Mitgliedern, aber es sind tatsächlich 195 an der Zahl, die an diesem Abend drei Stunden lang durch Marmorsaal und Theaterkeller, Foyer, Hinterbühnen, Garderoben und Saal treideln auf der Suche nach Erkenntnis, Einsicht, Entscheidung.

Man kann sich nicht aussuchen, zu wem man gehören will, zu den Guten oder den Bösen, den von Dürre oder Hochwasser Bedrohten, den Industrieländern oder der Dritten Welt: Mit den Karten gibt es ein Info-Heftchen, dar­auf steht, wer ich die nächsten drei Stunden bin – oh je: Saudi-Arabien! Diese megareichen Schurken, Bremser, Ölausbeuter. Schnell noch ein bisschen ...

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Theater heute Januar 2015
Rubrik: Aufführungen, Seite 20
von Barbara Burckhardt

Vergriffen
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