Das Paradox des Theaters
Was ist Wirklichkeit? Diese beunruhigende Frage stellt sich mit noch größerer Dringlichkeit, wenn wir über die gegenwärtigen Erfahrungen unserer Kinder sprechen. Wirklichkeit ist «erfahrene Wirklichkeit». Die Erfahrungsräume unserer Kinder heute sind oft durch konsumorientierte, gewaltdurchtränkte und sexualisierte Bilder- und Warenwelten dominiert. Die Bilder zielen dabei auf den raschen Effekt und das reine Erleben im Schnelldurchlauf und hinterlassen wohl nicht selten emotionale Narben.
Bilder fallen bei Kindern tiefer.
Sie unterscheiden noch nicht präzise zwischen so genannter Fiktion und Realität. Kindheit kann in diesem Kontext nicht das sein, was sie sein sollte: ein stetiges, kontinuierliches, ja unmerkliches Wachsen. Kinder sollten Stufen nehmen dürfen und keine Stockwerke erklimmen müssen. Aber nicht nur die medialen Konfrontationen, sondern auch reale Erfahrungen von Schmerz und Tod, menschlichen Konflikten, Zusammenbrüchen von Familienverbünden können zum Erfahrungsraum von Kindern gehören. Die gegenwärtige Realität und ihre Bilder muten Kindern viel zu.
Erfahrung zurückgewinnen
Natürlich muss das Theater auf diese oft kaum verarbeiteten Erfahrungen reagieren. Theater ...
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