Das Leben macht schlechte Witze

In Chemnitz bringt Dieter Boyer Iwan Wyrypajews illusionsloses Liebesstück «Illusionen» sehr nah ans Publikum (der vollständige Stückabdruck liegt diesem Heft bei

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Da kommt zum Beispiel der Ehemann nach Hause: «Die Schlafzimmertür war zu, an der Tür war mit Reißzwecken ein Zettel befestigt, da stand mit Bleistift drauf: ‹Mein Lieber, ehe du ins Zimmer gehst, mach dir bewusst, dass ich mich dort aufgehängt habe. Margret.›»
Das Leben macht schlechte Witze, und die Liebe ist dann meist nur noch ein letztes verklungenes Wort. Ein Leben kann ewig dauern, doch die Liebe und ihr Ende ereignen sich in nur winzigen Augenblicken.

Das Leben ist pure und nicht zu ändernde Wahrheit, aber in der Liebe lässt sich mit der Lüge und der Täuschung spielen. Doch aus dem Spiel wird Ernst. Und dann kommt man nichtsahnend nach Hause und findet an der Schlafzimmertür einen Zettel, mit Reißzwecken befestigt: «‹Mein Lieber› ... Albert öffnete die Tür zum Zimmer. Dort hing an einem Strick Margret. Sie war tot.»


Die Unbeständigkeit der Liebe


Wenn die vier Personen aus Iwan Wyrypajews jüngstem Stück «Illusionen» an dieser Stelle angelangt sind, verordnet ihnen der Text erst einmal eine «Pause». Die haben sie da auch bitter nötig, denn der Schock, so lakonisch erzählt er sich anschleicht, sitzt tief. Und so ratlos sie der angekün­digte Tod auch macht, so hilflos reagieren ...

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Theater heute Dezember 2011
Rubrik: AUFFÜHRUNGEN, Seite 22
von Bernd Noack

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