Das Ich hat die Vollmacht
Endlich mal kein Abend nach Maß, sondern mit Übermaß! Im Saal dröhnen die Unmutsäußerungen: «Das ist doch kein Theater!» Zwei Drittel des Publikums verlassen die Aufführung vor der Zeit. Und das am eigentlich durch Experimentaltheater gestählten HAU2 des Hebbel-am-Ufer in Berlin!
Was war das für ein Auftakt für das 3. Nordwind-Festival: Die Ibsen-Travestie «Ein Puppenheim» vom deutsch-norwegischen Künstlerduo Ida Müller und Vegard Vinge ist ein Findling von einem Theaterabend, erratisch und befremdlich.
In einer bunten Comicwohnung verabschiedet sich das bürgerliche Identitätsdrama in Richtung Computersimulation. Die komplett aus Papier und Kartons zusammengesetzte Breitwandbühne erinnert an digitale Zweitwelten wie «Sims» oder «Papermint». Mutter, Vater, Kinder, die wir hier bei alltäglichen Verrichtungen beobachten (Pinkeln, Onanieren, Fernsehen), sind keine Charaktere, sondern Avatare (Spielfiguren), die vom Steuerpult aus beseelt scheinen.
Schnurrende Automaten
In Zeitlupe schleichen sie umher, mit grotesken Fratzen maskiert, von Sounds untermalt. Manchmal bleiben sie in einer Geste hängen oder laufen wiederholt gegen eine vermeintlich offene Tür, so als sei diese Welt ...
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Das deutsche Theater und der deutsche Film haben nicht viel gemeinsam. Während das eine, bei allem, was man an ihm kritisieren mag, einen guten Ruf genießt, weltweit gesehen aus einem recht einzigartigen ökonomischen Reichtum schöpft, der immer wieder auch künstlerisch herausragende Formen hervorbringt, erscheint der andere, bei allem, was an ihm zu loben ist, aus...
Dermaßen auf den Premierenabend hin konzipiert war wohl schon lange keine große Produktion mehr, nicht einmal unter den auf schnell aufflammende Empörung zielenden Pfeilen aus dem Köcher von Volker Lösch.
36 Stunden vor Öffnung der Bundestagswahllokale wirkte sein «Nachtasyl Stuttgart von Maxim Gorki und 33 Stuttgarter Bürgern» wie ein letztes Aufbäumen gegen...
Mit seiner Verfilmung von Schillers „Kabale und Liebe“ gelingt Leander Haußmann das fast Unmögliche: ein über 200 Jahre altes Theaterstück, das der Dichter selbst als „Trauerspiel“ bezeichnete, unterhaltsam und kurzweilig auf die Leinwand zu bringen. Das Liebesdrama um die Bürgerstochter Luise und den jungen Graf Ferdinand wird von Haußmann, der zusammen mit Boris...