Das Hans-Moser-Festival

Christina Kettering «Der Gast»

Es gibt junge Theaterautoren, deren erstes Stück routiniert wirken soll, als sei das erste Dutzend bereits voll. Das kann bei Absolventen einschlägiger  Studiengänge vorkommen. Zum Beispiel, wenn man wie Christina Kettering (24) am Deutschen Literaturinstitut Leipzig die Fächer Prosa und Dramatik/Neue Medien belegt hat. «Der Gast» ist ihr erstes Stück und man fragt sich, ob es ihr bei dem surreal anmutenden Ausflug ins arbeitslose Gast­gewerbe tatsächlich um den Koch, den Barmann und den Rezeptionisten in einem ausgedienten Hotel gegangen ist.

Oder ob sie sich nicht doch besser nur um die Frau gekümmert hätte, die ungefähr nach dem ersten Drittel des Stücks wie eine Irrläuferin auftaucht. Im Prinzip ergeht es der Frau nicht anders als dem Restpersonal, das den toten Hotelbetrieb aufrecht erhält, als erwarte man jede Minute Busladungen von Gästen. Die Frau hat im Gegensatz zum Hotelpersonal allerdings etwas durchaus Lebendiges und wirkt wie eine jener aus der Zeit gefal­lenen Zeitgenossinnen, die ihre Arbeit verloren haben oder auf der Suche nach einer Festanstellung sind.
Angeblich ist sie angereist, weil es um ihre ers­te Professur geht. Ob das stimmt, ist allerdings fraglich. Es ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Mai 2005
Rubrik: Chronik, Seite 42
von Jürgen Berger

Vergriffen
Weitere Beiträge
Mama und die Musketiere

Es gab Zeiten, in denen die Päpste nicht so hoch im Ansehen standen wie der jüngst verstorbene Johannes Paul II., gefeiert als größter Held der Pope-Kultur. Alexander VI. zum Beispiel, 1492 durch Bestechung an die Macht gekommen, Liebhaber von Orgien und Vater mehrerer Kinder, ging vor allem durch den von ihm schamlos betriebenen Sittenverfall und Nepotismus in die...

Der dritte Weg

Man hat sich schon oft gefragt, wo die DDR geblieben ist. Einzelne Leichenteile konnten in bisher 50 Folgen der ZDF-Serie «Der letzte Zeuge» auf dem Seziertisch der Gerichtsmediziners Dr. Robert Kolmaar in Augenschein genommen werden, im Hauptabendprogramm. Es handelte sich dabei nicht um tragende Säulen des ideologischen Skeletts, sondern um Fetzen des emotionalen...

Angewandte Zeichentheorie

Gegen Schillers Hitze – die Kälte, gegen Schillers Höhe – die Fläche, gegen Schillers Pathos – die Beiläufigkeit, gegen Schillers Universalismus – das Private. Wogegen man aninszenieren muss, weiß man bei Schillers «Räubern» immer. Schon Schiller selbst gab in sei­ner Selbstrezension der Uraufführung von 1782 Ratschläge, wie man gegen sein Stück vorgehen solle: vor...