Da, das ist der!
Aus dem hell erleuchteten, voll besetzten Parkett des Hamburger Deutschen Schauspielhauses steht ein Theaterbesucher auf, geht im Businessanzug, den Schlips richtend, nach vorn und stellt sich und seine Problemlage dem Publikum als sein eigener Werbe-Promoter mit kaltem Charme vor: Der Chef, Othello, hat ihn, Jago, bei der ihm eigentlich zustehenden Beförderung zum zweiten Mann übergangen und ihn dadurch in seinem hart erworbenen Anspruch auf die Karriere tief verletzt.
Er wird sich, sagt er, und setzt das Einverständnis des Angestellten-Publikums voraus, dafür rächen, wird den Chef zu Fall bringen, tödlich.
Die kalt und klar geführte Stimme des Schauspielers Wolfram Koch beherrscht den Riesenraum ohne Anstrengung, selbstverständlich und nur zu verständlich. Die knappe Gestik unterstreicht den Rache-Anspruch der Figur als legitim, denn Othello hat gegen Business-Regeln, die einzig geltenden, eklatant verstoßen. Indem Koch Jagos Argumentationsstrategie so glatt und gewandt, so perfide perfekt vorträgt und sich dabei kleine halbe Späße erlaubt – das setzt am Anfang des Abends unzweideutig und brillant den Grundzug der Inszenierung Stefan Puchers: Hier findet ein Machtkampf auf der ...
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