Bodies und Buddys

Shakespeare mit und ohne Körper: Stefan Puchers eleganter «Sommernachtstraum» in Hamburg, Katharina Thalbachs burleskes «Was ihr wollt» am Berliner Ensemble

Die Liebenden sind austauschbar. (…) Die Reduktion der Person zum Liebespartner scheint mir das charakteristischste Merkmal dieses grausamen Traums zu sein. Und vielleicht das modernste Merkmal. Der Partner trägt keinen Namen mehr, er besitzt nicht mal mehr ein Gesicht. Er ist nur am nächsten.

»

Seit Jan Kotts berühmt hellsichtiger «Sommernachtstraum»-Deutung aus dem Jahr 1970 hat es niemand treffender formuliert: In Shakespeares Verwechlungskomödie mit ihren neckischen Elfen, frechen Pucks und tölpelhaften Theaterhandwerkern steckt ein radikaler Ma­terialismus, der die (ohnehin erst später dominante) romantische Idee von der Liebe als indi­viduellem Erkennen und Bekennen ad absurdum führt. Zudem muss Kott Shakespeare unter dem Eindruck der sexuellen Revolution gelesen haben: die Utopie von der sexuellen Gerechtigkeit, die nicht zwischen sozialem Status und körperlicher Attraktivität unterscheidet, auf der einen – und die narzisstische Kränkung der Ersetzbarkeit auf der anderen Seite. Orgie versus Liebeskummer: Wer oder was gewinnt?

Perverse Elfen

Im Programmheft zum «Sommernachtstraum» am Hamburger Thalia Theater ist die klassische Kott-Passage natürlich abgedruckt. Doch auf der ...

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Theater heute Januar 2013
Rubrik: Aufführungen, Seite 9
von Eva Behrendt

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13./Sonntag
6.20 arte: Eugen Ruge: Eine Familien­geschichte wird zum Bestseller
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