Angela Regina
Am Sonntag, dem 30. Dezember 2012, besuchte Angela Merkel eine Vorstellung von «Ödipus Stadt» am Deutschen Theater. Zufällig wohnte auch ich, Kritiker und Theaterwissenschaftler aus Belgrad, dieser Vorstellung bei. Frau Merkel saß auf dem Sitzplatz Nr. 16 in der ersten Reihe auf der ersten Galerie und ich auf dem Sitzplatz Nr. 22 in der dritten Reihe derselben Galerie: mit sehr gutem Blick auf die deutsche Kanzlerin.
«Ödipus Stadt» ist aus Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides zusammengesetzt und verfolgt den allmählichen Niedergang des Staates Theben unter der Herrschaft dreier Könige: vom selbstlosen, verantwortungsbewussten, aber verfluchten Ödipus über seinen kühnen, aber genauso verfluchten Sohn Eteokles zum pragmatischen, machtversessenen, ganz dem Diesseitigen zugewandten Kreon.
Die verschiedenen Arten, einen Staat zu regieren – selbstlos und selbstsüchtig, ehrenvoll und ehrlos, erfolgreich und erfolglos – prägen den Mythos von Theben, den nun auch die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland betrachtete. Zwar war dieser Theaterbesuch ein privater und als solcher auch durchaus bürgerlich diskret. Dennoch ist der Auftritt einer Politikerin/eines Politikers im ...
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Theater heute Juni 2013
Rubrik: Foyer, Seite 1
von Ivan Medenica
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