Aneignung und Anerkennung
Vor zehn Jahren hätte das Ensemble aus dem australischen Geelong diesen Preis vermutlich noch nicht erhalten: Der «Ibsen Award», vergeben am Nationaltheater Oslo, der Arbeitsstätte des norwegischen Großdramatikers, ist der höchstdotierte Theaterpreis der Welt, wird gerne «Nobelpreis des Theaters» genannt (auch wenn die knapp 260.000 Euro bei weitem nicht an dessen Preisgeld heranreichen) und gerne an lebende Legenden verliehen; Peter Brook und Ariane Mnouchkine gewannen ihn schon. Nur bei Peter Handke 2014 gab es massive politische Proteste in Oslo.
Die Verleihung an ein inklusives Ensemble, das zwar einen nicht-behinderten Regisseur (Bruce Gladwin) und auch nicht-behinderte Schauspielgäste hat, ansonsten aber seine eigenen Themen setzt, markiert nun vielleicht auch einen Quantensprung in der Debatte um Reprä -sentation im Theater: Wer hat das Recht, für wen zu sprechen, wer erhält ein Forum? Die Preisverleihung am blau glänzenden September-Sonntag am Nationaltheater Oslo, das mit Stuck, rotem Samt und Goldverzierung immer noch so aussieht wie zu Ibsens Zeiten (auch wenn es leider manchmal durch die Decke regnet), holt diese Fragen auch in die Zeremonie herein: Weil das Back to ...
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Theater heute 1 2023
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Dorothea Marcus
«Ich mache keinen Krieg mehr. Es ist gut, dass ich hierhergekommen bin, zu einer Stelle der Welt, wo ich nachdenken konnte, drei Minuten lang. Jetzt können wir weggehn.» Länger braucht Bertolt Brechts Erster-Weltkriegssoldat Fatzer nicht, um sich gegen das Töten, fürs Desertieren zu entscheiden. Wesentlich länger dauerte es auf der Bühne der Mülheimer Stadthalle...
Ganz am Ende dann gibt sich die Autorin zu erkennen, und in einem langen Monolog spricht sie von der Normalität, die sie sich wünscht in diesen Zeiten des Krieges, der Unordnung. Es sind ganz banale Dinge, die ihr einfallen: Einen neuen Vorhang will sie für die Wohnung kaufen, Stangen, an denen sie ihn anbringen kann. In die Stadt will sie fahren, shoppen, wieder...
Wird «Babtschik» der neue «Shtisel»? Um keinen Jungautor wird derzeit in der israelischen Theaterszene intensiver geworben als um Yehonatan Indursky, mittlerweile weltberühmter Autor der extrem erfolgreichen, drei Staffel langen Netflixserie «Shtisel» über eine charedische (hebräisch: ultra-orthodoxe) Familie. Im Geheimen arbeitet er allerdings längst an seinem...
